00.40 Uhr: Die „Horizon“ hat ihren Kurs
um 7 Grad korrigiert und zieht jetzt schnell hinter uns und sehr knapp hinter
der Manatee vorbei. Sehr, sehr knapp.
Helmut hat ihn angefunkt. Sein AIS konnte der Kreuzfahrer nicht erkennen,
unseres schon. Beruhigend. Wir segeln über einer Wasserfläche mit über 5.000
Meter Tiefe. „Ich bin nicht schwindelfrei“ sag ich zu Uschi.
03.00 Uhr: „Die Front steht. Oder sie
bewegt sich langsam von uns weg.“ Tatsächlich segeln wir seit einiger Zeit
einer gewaltigen dunklen Wolkenfront entlang, die bis ins Meer reicht. Regen.
Es ist derart bedrohlich, dass wir nicht daran denken möchten, dass diese Front
sich auf uns zubewegt. Wir beobachten Mond, Wolken und Sterne und stellen bald
fest, dass sich die Front nicht von der Stelle rührt. „Nichts wie weg!“
„Das ist Puerto Rico!“ ruft Uschi, wie
sich die Kulisse der Insel noch vor Sonnenaufgang zeigt. Eine gebirgige Insel.
Grün. Schön. Bald darauf taucht Vieques auf. Die Nachbarinsel. „Da fahren wir
dazwischen durch.“ Seit Stunden haben wir kein gutes Wetter. Im Logbuch steht
das etwas anders: „Scheißwetter!“ Wind von vorne, Strom von hinten, kurze
steile Welle. Dann wird’s wieder spannend, wieder für die Manatee:
„Can You see me?“ fragt Helmut über
Funk die „MSC MUSICA“, die kurz darauf ihren Kurs schnell und recht stark
ändert. „Ich hab die Musik auf der MUSICA hören können“, erzählt er uns später
über Funk, bald nachdem das 958 Fuß Passagierschiff hinter ihm vorbeigezogen
ist. „Thank You for Your Cooperation“, funkt Helmut dem Schiff nach.
09.00 Uhr: Wir haben Funkkontakt mit
Hugo, berichten über unsere Wetterlage. „Es wird noch Gewitter geben“, meint er
zum Abschluss. Dann unterhalten sich die drei Schiffe untereinander. „Helmut,
du bist unser Admiral“, meinen Uli und ich, „Nee, dat bin ich nich“, ruft
Helmut zurück. „Doch, dat bis du, wir haben dich doch dazu jewählt“, meinen
wir, nachdem Kurs und Ansteuerungspunkte untereinander verglichen wurden.
11.00 Uhr: Die Sonne ist wieder da und
mit ihr wird alles wieder freundlicher. Uschi hat bereits mit der
Schiffsreinigung begonnen, nachdem wir uns die Einklarierungsformalitäten etwas
genauer angesehen haben. „Die kommen aufs Schiff, kontrollieren alles. Vor
allem die Lebensmittel“, meint sie nur. „Das Schiff ist ohnehin sauber“, stell
ich zufrieden fest. „Braves Mädchen“ sagen wir zu ihr, streicheln sanft über
den Sülrand im Cockpit, wie wir die Ansteuerungstonnen entlang motoren. Kurs Marina
Puerto Del Rey.
„Welcome Santina, Stand By“ und kurz
darauf „Santina, Muring 1277“, sagt eine nette Damenstimme am Funk in
verständlichem Englisch, wie wir unsere Ankunft ankündigen und bald darauf den
Liegeplatz 1277 anlaufen. Die Momo
ist schon da, Liegeplatz 1273, dann kommt die Manatee, Liegeplatz 1275. Es ist 14.40 Uhr. Drei Schiffe, die in
den letzten vier Tagen und drei Nächten einen gemeinsamen Weg gegangen sind und
jetzt friedlich nebeneinander liegen. Große Erleichterungen übertragen sich
jetzt von Schiff zu Schiff.
„Jetzt haben wir die Karibische See auch
von Süd nach Nord überquert“ rufen uns Uschi und ich zu, klatschen uns ab und
sind bald darauf gemeinsam mit Ulli und Gerda bei Helmut und Angelika auf der Manatee, um mit dem ersten
„Gute-Überfahrt-Ankommensbier“ auf unsere glückliche Ankunft anzustoßen.
„Jeschafft Admiral!“
Ins Marina Büro werden wir mit einem
Golfwagerl gefahren. Die Marina ist derart groß, dass ein Fußweg zu viel Zeit
in Anspruch nehmen würde. „1.000 Liegeplätze und Manatees gibt es hier auch“,
sagt Helmut am Weg zu den Offiziellen,
wo wir überaus nett empfangen werden. Die Immigration wird vorweg per Telefon
informiert. Recht lange aber überaus freundlich fragt der Offizier am anderen
Ende der Leitung alle Daten des Schiffes und der Personen ab. „Mir ist ganz
heiß geworden“, sag ich später zu Uschi, „aber plötzlich hab ich perfektes
Englisch gesprochen.“
Dann kommt der Customer und
Immigration-Offizier in einer Person. Wieder wird alles genau abgefragt. Die
Damen haben auf den Schiffen bleiben müssen. Zeitgleich zu unserer Befragung im
Marina-Büro werden die Schiffe an den Stegen von der Lebensmittelbehörde kontrolliert.
Uschi muss die Lebensmittel angeben, die bei uns an Bord sind und somit
eingeführt werden, dann den Müll. „Der ist nicht einmal an Bord gekommen“,
erzählt sie mir später.
Die kleine, nette Miss Migdalia im
Marina-Büro, die unsere Papiere persönlich ausfüllt, spricht mich überaus oft
mit einem rollenden „Norbert“ an. Entweder hat ihr die Zusammensetzung unseres
Schiffsnamens „Santina“ aus unserer beiden Mädelnamen „SANdra“ und „marTINA“ so
gut gefallen, oder wir haben sie mit unserer guten Laune ebenso verwirrt, wie
den Customer und Immigration-Offizier, der in meiner Zahlungsbestätigung
„Österreich Norbert“ eingetragen hat.
Irgendwann sind wir dann in Amerika. In US-Puerto Rico. Während der ganzen, freundlich-korrekten Prozedur hat es zu schütten begonnen. Wie aus Kübeln. „Das Schiff hat es verdient“, meinen wir, wie der Regen die Salzkrusten entfernt und wir endlich das Dasein genießen können. Wir essen an Bord. Alles ist jetzt fast ein wenig Unwirklich. Wir sind echt müde.
Irgendwann sind wir dann in Amerika. In US-Puerto Rico. Während der ganzen, freundlich-korrekten Prozedur hat es zu schütten begonnen. Wie aus Kübeln. „Das Schiff hat es verdient“, meinen wir, wie der Regen die Salzkrusten entfernt und wir endlich das Dasein genießen können. Wir essen an Bord. Alles ist jetzt fast ein wenig Unwirklich. Wir sind echt müde.