Mittwoch, 31. Dezember 2014

„PUERTO RICO – ISLA DE CULEBRA - SILVESTER“

Ein gut gelaunter Quino kommt am frühen Morgen. „Alles ist fertig!“ strahlt er nach weniger Zeit, die er wieder oben am Mast verbracht und die letzten Kleinigkeiten erledigt hat. „Ein perfektes Rigg!“ ruft er freudig aus, wie er die Wanten gespannt und den Mast, seine Biegung und alles sonstige stehende Gut genauestens kontrolliert hat. „Damit kannst du wieder über den Atlantik fahren“, meint er abschließend.



Wir laufen gegen Mittag aus der Marina Puerto del Rey aus und bald gehen wieder zwei Schiffe einen Parallelkurs in Richtung Spanish Virgin Islands, nach Culebra. Die Manatee und die Santina.  Am frühen Nachmittag kommt die Insel in Sicht, bald tauchen die ersten Häuser auf. Wir bekommen einen Anruf von unseren Freunden, die sich wie jedes Jahr auf unserem Grazer Hausberg zu einem behutsamen Vorglühen für Silvester treffen. Die Stimmung am Berg dort oben ist ganz ausgezeichnet, hören wir, wie bei uns, wie die ersten roten und grünen Tonnen sichtbar werden, die uns bald darauf die vorgelagerten Riffe umfahren lassen und uns den Weg in die schmale Einfahrt in die Bucht Ensenada Honda weisen.



Um 17.00 Uhr fällt der Anker auf 7 Meter Wassertiefe. Vor uns die Cayo Pirata, eine kleine Insel in der großräumigen Bucht, hinter uns ein amerikanisches Schiff, ein wenig versetzt davon die Manatee. Angekommen! Wir liegen wieder vor Anker, wie viele andere Schiffe auch, die sich auf das Silvesterfest auf der Insel freuen.


Uschi bereitet das „österreichische Silvester“ vor, das zeitversetzt um 19.00 Uhr beginnt. Es gibt Shrimps-Cocktail mit vielen Beilagen und bald darauf Sekt, wie Helmut und Angelika an Bord kommen und mit dem pünktlich zu unserem „echten Silvester“ angestoßen wird. „Nur die Pummerin und der Donauwalzer fehlen“, meinen wir. Sonst ist alles perfekt. Angelika hält eine kleine Ansprache. „Was für eine schöne Zeit, die wir hier gemeinsam verbringen, was für eine Übereinstimmung, wie nett alles ist, wie schön alles war, was wir bisher unternommen haben, was für eine Freundschaft.“ Wir können Allem nur freudig zustimmen.



Hier werden die Kinder, die Mama, die Eltern, der Bruder angerufen, dort die Enkeln. Gedanklich sind wir bei ihnen zu Hause, schon im Neuen Jahr. Aus Solidarität zu den Spanish Virgin Islands und zu Amerika werden wir aber auch das Silvester der lokalen Zeit, zur sogenannten `local Time´, noch einmal feiern. Die ersten Feuerwerke werden abgefeuert, einige auch von den Schiffen aus. Wir fahren mit dem Dinghy nach Dewey, in den Hauptort der Insel, wo sich seit Tagen schon alles um das große Fest zum Jahreswechsel dreht.


Alles strömt in Richtung Hauptplatz des Ortes, dort wo sonst die Fähren aus Puerto Rico kommend an- und ablegen. Eine Bühne ist aufgebaut. Menschen sitzen in Campingstühlen, haben Tische und Partyzelte mitgebracht, die für ihre Familien reserviert sind. In ihren Kühlboxen sind Getränke aller Art, meist hochexplosiver Art, auf den Tischen stehen Speisen. Kuchen, Pizzen, Kekse, Salate. Dazwischen drängeln sich die Massen. Geschmückte Köpfe, bunte Kleidung, blinkende Gläser, blinkende Brillen, blinkende Flaschen. Knallfrösche da und dort. Von der Bühne aus wird die Stimmung aufgeputscht. Was nicht erforderlich ist, es sind ohnehin alle gut gelaunt. Wir finden einen Platz auf einer steinernen Baumeinfassung, sind selbst schnell ein kleiner Teil des großen Festes.

Endlich werden die Sekunden vor dem Jahreswechsel hinuntergezählt. Nicht jedoch, ohne zuvor lautstark auf die Bedeutung Puerto Ricos und Culebras aufmerksam gemacht zu haben. Die Verbundenheit ist groß. Dann ist es soweit. „2015“. Happy New Year. Die Menschen umarmen sich, es gibt ein Feuerwerk und noch eines, es wird weiter getanzt. Wir freuen uns dieses Culebra-Silvester mit zu erleben und wieder vor Anker zu liegen.


Dienstag, 30. Dezember 2014

„PUERTO RICO – WARTEN AUF SEŃOR QUINO“

So weit ist die Santina wieder startklar. Alles was das betrifft, was Uschi und ich in den letzten Tagen und zwischen den Inselbesichtigungstouren am und im Schiff erledigen haben können, ist getan. Das Wichtigste jedoch fehlt: Die letzten kleinen Arbeiten am Rigg, die uns eine Weiterreise möglich machen. Wir warten auf Quino, denken über jene kommenden Tage nach, was wir unternehmen werden, wenn Quino das Rigg fertig oder nicht fertig macht und kommen ausschließlich zu freudigen Aussichten:

Wir freuen uns auf Culebra, wenn das Rigg fertig ist und freuen uns auf weitere Sehenswürdigkeiten in Puerto Rico, wenn das Rigg nicht fertig ist. „Es ist, wie es ist“, meinen wir. Das Schiff geht vor. Dann kommt Señor Quino. „Ein bisschen genervt schaut er heute aus“, stellen wir alle fest, was uns befürchten lässt, dass für ihn heute nicht alles so gelaufen ist, wie er sich das vorgestellt hat.


Es ist so, dass Quino hier in der Marina der wohl gefragteste Mann ist. Nicht, weil nahezu jedes Segelschiff Probleme mit dem Rigg hat, sein ganz ausgezeichneter Ruf als Rigger ist es, der das ausmacht und auch seine Art im Umgang mit seiner Arbeit. Gewissenhaft, fleißig, genau, kompetent, zuverlässig, wenngleich das Letztere ein wenig Karibisch gesehen werden muss. „Ein paar Stunden auf oder ab, was ist das schon“, „Ein paar Tage früher oder später, das spielt keine Rolle,“ wobei auch hier eher mit einem „Später“ zu rechnen ist.

Zwei weitere Helfer hat er heute mitgebracht, echte Spezialisten für das Loslösen von Wantenspanner, die festsitzen und einen Verzweifeln lassen. Heute verzweifeln die beiden, die lange Zeit und mit allen nur erdenklichen Mitteln vergeblich versuchen, den unteren Wantenspanner so zu bewegen, dass er sich zu drehen beginnt. Quino beobachtet das Ganze vom Besan-Mast der Manatee aus, wo er in der Zwischenzeit die Saling befestigt und zugleich die entsprechenden Anweisungen zur Santina ruft.




Dann ist es endlich geschafft, der Wantenspanner kann bewegt und entfernt werden. Zwei dunkle Regenfronten haben uns verschont und sind nur knapp an uns vorübergezogen, nicht aber die natürlich einbrechende Dunkelheit, die ein Fertigstellen der Arbeiten unmöglich macht. „Morgen in der Früh mach ich alles fertig“, meint ein nicht fertig gewordener Quino, wie er das Schiff verlässt. Dieses Mal glauben wir ihm, denn all sein Werkzeug und auch seinen Bootsmannstuhl lässt er an Bord der Santina zurück.


Die Manatee ist heute schon startklar, wir werden es morgen sein. Viel Wind ist angesagt  im nächsten Jahr, das nicht mehr so weit entfernt ist. „Morgen können und werden wir noch gute Wetterverhältnisse für eine Überfahrt nach Culebra haben.“


Montag, 29. Dezember 2014

„PUERTO RICO – EINKAUFEN - MOJITO“

Quino kommt am Morgen. Rum möchte er heute keinen meint er. Er betrachtet das Rigg der Santina. „Das kommt am Nachmittag, das Morgen.“ Er schaut zur Manatee. „Das muss ich bestellen, das kommt auch Morgen, das muss ich noch messen.“ Er schaut zur Santina. „Das mach ich noch heute Nachmittag.“ Dann ist er wieder weg. Helmut repariert seine Wasserpumpe, Uschi geht Wäsche waschen, zusammen fahren wir einkaufen. Ich gehe gerne einkaufen. Wenn wir mit dem Schiff unterwegs sind. Meist in Marinezubehör-Shops, weniger in Lebensmittelgeschäften. Es ist ein klassischer Bordverpflegungs- und Beschaffungsalltag.


Jeder Einkauf beginnt beim Schiff. „Was brauchen wir noch in den nächsten Tagen?“, ist so eine meistgestellte Frage, wenn Uschi mit dem Notizblock in der Hand die Lebensmittel- und Getränke-Schapps durchstöbert, „Was könnte das Schiff und ich noch brauchen?“, meine an mich selbst gestellte zweifellos selbstlose Frage, im Hinblick auf den bevorstehenden Besuch von West Marine.


Einkaufen ist in Puerto Rico ein gesellschaftliches Ereignis. Es beginnt beim Stau bei den Einfahrten zu den Einkaufszentren und endet mit dem Stau bei den Ausfahrten aus den Einkaufszentren. Dazwischen wird geshoppt. Menschen aller Generationen und Hautfarben versammeln sich friedlich mit und um ihre Einkaufswagerln. Auch die Kleidung unterscheidet sich. Manch eine nimmt’s sportlich, andere wiederum elegant. Hüte, Kopfschmuck, Kapperln werden getragen, man sieht High-Heels, man sieht Sportschuhe, man sieht Crocs.

Männer stehen meist gelangweilt vor den Einkaufswagerln, die Hände in den Hosentaschen oder lässig am Griff des Einkaufswagens gelehnt, Leidensgenossen beobachtend, freundlich zurückgrüßend. Frauen sind zielstrebiger, wenn da nicht die vielen Bekannten wären. Man hat den Eindruck, dass sich alle auf der Insel kennen. Man tratscht, man winkt sich zu, man verursacht Stau. Einkaufswagenstau. Langsam beginnen sich die Wagen zu füllen.

Es riecht nach Obst, nach Gemüse, nach Kuchen und frischem Brot. Es ist kühl in der Halle, man hört Musik. Es muss eine Art „Einkaufs-Simulations-Musik“ sein. Ab und zu hört man eine Durchsage. Nichts kann jedoch die Geräusche der Klimaanlagen übertönen, die man selbst irgendwann doch nicht mehr hört. Kinder spielen, sitzen im Einkaufswagerl oder auf den Rücken der Männer.

Uschi und ich haben ein Lebensmittel-Einkauf-System: Jede Warenzeile mit dem Einkaufszettel in der Hand ganz konsequent durchgehen, dann kann man nichts vergessen und auch nichts übersehen. Zum Schluss haben wir dann tatsächlich alles, oft auch das, was am Zettel stand. Bier hab heute ich eingekauft.


Ganz am Ende des Einkaufs kommt der geschulte Kassablick: Wieviel hat wer im Einkaufswagerl, der vor der jeweiligen Kassa steht, wie lange könnte das dauern und wann hat man die verlorene Einkaufszeit wieder aufgeholt. Meist ist es vergeblich-spekulative Kassa-Kurzwartezeit-Anstell-Müh, spätestens im Einkaufszentrum-Ausfahrtsbereich, holt einen das Warten wieder ein. Dann sind auch wir da durch.


Die Wäsche ist fertig, Quino hat bei der Manatee mit dem Ausmessen und Abbauen von Kleinigkeiten begonnen. Morgen macht er alles fertig. Helmut hat seine Wasserpumpe repariert, an Bord der Santina duftet es nach bestem Steak und Cole-Slaw. Dann kommen Helmut und Angelika an Bord. Es gibt eine Mojito-Verkostung.

„Zwei Löffel brauner Zucker, eine halbe Limone, Minzeblätter, Bacardi-Rum Superior, Clubsoda, Eiswürfel“. Uschi hat gemixt, der Mojito oder besser gesagt die Mojitos waren Weltklasse. „Lecker“ wie Angelika feststellt, wir alle gemeinsam nach Sternen schauen, über Silvester nachdenken. Culebra, das wär doch was. Zuvor jedoch das Rigg. Jeder Einkauf endet auch am Schiff.

Sonntag, 28. Dezember 2014

„PUERTO RICO – BACARDI – OBSERVATORIO DE ARECIBO“

Die dunklen Wolken die in den Morgenstunden über uns hinweg gezogen sind bleiben in den Bergen des Regenwaldes hängen, uns begleitet schönes Wetter bis San Juan, wo uns die „Fledermaus“ erwartet, ein Glückssymbol von Kuba, das zum Logo der Destillerie Bacardi wurde. Alles ist perfekt organisiert. Neben dem ersten Begrüßungsgetränk – wir trinken es natürlich ohne Alkohol - bekommen wir irgendwelche runde Dinger in die Hand gedrückt, die zu summen und vibrieren beginnen, wenn die Führung beginnt und sich erst dann wieder abstellen lassen, wenn sie einem im kleinen Besichtigungszug wieder abgenommen werden.



Die wenigen hundert Meter bis zum Eingang des Ausstellungszentrums hätte man auch zu Fuß gehen können, in einer gepflegt angelegten Parklandschaft rund um den Fledermauspavillon, wo wir zuvor auf dieses Ereignis warten mussten.





Gut und anschaulich wird uns die Geschichte der Familie Bacardi vorgetragen, die mit dem Spanier Facundo Bacardí i Massó im Jahre 1862 in Kuba begann und wo er die erste Destillerie „Bacardí & Ca.“ in Santiago de Cuba gegründet hat.



Ein nachgebildetes Chef-Büro versetzt uns in jene Zeit, wo das Unternehmen schon seinen Erfolgslauf gestartet hat, wo die ersten Probleme mit drastischen Einfuhrzöllen in die USA und Enteignungen in Kuba überwunden waren, das Werk in Puerto Rico gegründet wurde und ein neuer Stammsitz auf den Bahamas die Produktion wieder aufnehmen konnte.



Bis heute ist Bacardi ein Familienbetrieb geblieben und mittlerweile der größte Spirituosenhersteller der Welt. Wiederum in einer aus vergangenen Tagen stammenden, nachgebildeten Bar, sehen wir eine Vorführung von verschiedenen Bacardi-Mixgetränken, die wir uns merken wollen, bevor die Abfüllmaschinerie gezeigt wird und man schnell verstehen kann, dass wir auch bei uns in nahezu jedem Lokal die Flaschen mit der Fledermaus sehen.


„Bestimmt unterscheidet sich das alte originale Familienrezept `Ron Caney´ oder `Santiago de Cuba´ aus den Entstehungsjahren auf Kuba von dem, was wir heute zu probieren bekommen haben“, denken wir uns nach der Verköstigungstour im Bacardi-Souvenir-Shop, kaufen dennoch eine Flasche klassischen neuen, weißen Rum „nur zum Mixen“ und stellen fest, dass die Bacardi-Werbung eine sehr gute ist. Wir fahren weiter in Richtung Arecibo.


Die Straße zum „Observatorio de Arecibo“ windet sich endlos lang hinauf durch überwucherten Sandsteinkarst, durch tiefe Schluchten und über Bergkämme, vorbei an grasenden Rindern und Pferden, bis endlich im erwartungslosen „da kommt nichts mehr“ ein riesiger Betonturm sichtbar wird, der mit scheinbar überdimensionalen Stahlseilen zu allen Seiten abgespannt ist.






Pierce Brosnan als James Bond war auch hier, mit dem Film „Golden Eye“ und Jodie Foster hat im Kinofilm „Contact“ die Hauptrolle gespielt, wissen wir, erfahren aber auch, dass es noch keine „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ gegeben hat und dass von hier aus auch kein extraterrestrisches Leben oder Stimmen aus dem All entdeckt wurden, wie im Film behauptet wurde.


Schnell werden wir in eine andere Welt versetzt. Wir bekommen einen Einblick in den Ausblick, in das was wir in den Nachtstunden bei Überfahrten da oben bewundern. Wir sehen eine Ausstellung zu Wissenschaft und Astronomie, sehen Entdeckungen über die Erde und unser Sonnensystem, über Sterne und Galaxien und über Daten, die vom Reflektor empfangen werden und über Glasfaserkabeln im Kontrollraum in Rechner zusammengefasst werden.






Wir sehen einen Film über das, was das Observatorium kann, warum es errichtet wurde und dann endlich das größte Radioteleskop der Welt, eingebaut in einen natürlichen Krater, in einer verzauberten Landschaft.





Von hier kann man Wettermuster in der sogenannten Troposphäre untersuchen, ins Zentrum von Quasaren schauen, die bis zu zehn Lichtjahre von uns entfernt sind, erfahren und lesen wir. Was immer all das bedeutet, es ist beeindruckend. Vor allem die dreieckige Plattform, die fast 140 Meter über dem Reflektor schwebt. „Da bringt mich niemand rauf“, denke ich, und auch nicht auf die drei großen Trägermasten, die das Ding tragen, alle um die 80 Meter hoch.






Fasziniert fahren wir zurück in Richtung San Juan, besuchen zuvor noch das „Metropol“, ein Restaurant mit Bar, einer echten heruntergekühlten Metropole für Massenverköstigung, von dem man über die Dächer von Blechkarossen hinüber sieht ins Outlet-Center von Barceloneta, einer künstlich nachgebildeten Einkaufsstadt. „Steile Dächer, Ziegeldach, Arkaden, Rustika-Unterteilungen, nette Fenster und Türen, gepflegte Vorgärten“. Alles was in den Köpfen der Menschen so drinnen ist, die an Altstadt und an Haus denken, findet man hier vereint in der Architektur der Verkaufsstätten, die in Kojen vergeben werden und wo auch wir uns der Versuchung des „Billig-Einkaufs“ nicht entgegenstemmen wollen.


„Wir können hier das, was wir fürs Schiff ausgegeben haben, durch günstigere Einkäufe wieder gut machen“, sag ich schmunzelnd zu Uschi, während wir nur einige wenige Markenartikelshops besuchen, weil dann diese fremde Stadt auch irgendeinmal geschlossen wird. Kalt war es wieder im Einkaufszentrum, saukalt, wie im Metropol.



In San Juan verfahren wir uns, weil unsere Damen im Fond des Autos zu sehr mit den Eindrücken des heutigen Tages beschäftigt waren und Helmut und ich zu sehr mit den Schönheiten von San Juan, die jetzt vermehrt auftauchen, je weiter wir uns zwischen Old San Juan und Neu San Juan bewegen, dem eigentlichen Ziel Puerto del Rey aber nicht näher kommen.

„Jetzt haben wir wieder viel von San Juan gesehen“ meint Uschi, nachdem uns Angelika bald wieder auf die richtige Straße navigierte und wir auf vertrauten Autostraßennummern unserer Marina del Rey entgegenfahren. Dann rufen wir uns ein „Morgen kommt Quino“ noch vor dem allerletzten Gute-Nacht-Drink freudig und hoffnungsvoll zugleich von unseren Schiffen zu.

Samstag, 27. Dezember 2014

„PUERTO RICO – SAN JUAN“

Rund 60 Kilometer sind es von Puerto del Rey bis nach San Juan, in die Hauptstadt. Wieder sind die Straßenverhältnisse bestens, nur ab und zu gibt es solch kleine unscheinbare Hügeln, meist vor Brücken, die unerwartet auftreten und nach deren passieren die Fondpassagiere immer froh sind, nicht mit ihren Köpfen das Dach des Autos beschädigt zu haben.


„Helmut fährt am Morgen, ich am Abend“, so haben wir es vereinbart und so ist es auch heute, wie wir schöne Landstriche durchfahren und recht schnell die mehrspurigen Autobahnen als Großstadtvorboten erreichen. Sie sind mit Palmen gesäumt und weisen uns den Weg durch das neue San Juan, der Neustadt, entlang von „Condado“, einem Strandabschnitt, mit Restaurants und Designergeschäften, Fast-Food-Ketten und Souvenirläden und natürlich mit Hotelburgen, wo alle Klassiker sauber aufgefädelt nebeneinander liegen, bis in die Altstadt, dem Old San Juan. In einer sehr gepflegt angelegten Lagune vor den Hotelanlagen spiegeln sich die mittelgroßen Wolkenkratzer wieder.


Die Angaben der Einwohnerzahlen von San Juan in den diversen Reiseführern lassen keine genauen Schlüsse zu, wie viele Menschen hier tatsächlich leben. Hier steht, dass die Stadt rund 400.000 Einwohner hat, mit den Vororten zusammen rund 2,5 Millionen, wo anders steht wieder, dass knapp über ein Drittel der rund 3,9 Millionen Einwohner von Puerto Rico in San Juan leben, woraus sich rund 1,3 Millionen Einwohner errechnen lassen.

Es spielt heute keine Rolle. Bald sehen wir den Atlantik auf dieser LUV-Seite der Insel und wie seine langgezogenen Wellen die Strände entlang rollen, bevor sie weiße Kronen erhalten und ihr langer Weg langsam zu Ende geht. Cruiser liegen im geschätzten Hafen, an Bord die neuzeitliche Art der Entdecker, die bald die Stadt für kurze Zeit beherrschen wird. Wir fahren den Boulevard del Valle entlang und parken unseren Kia in einer Tiefgarage inmitten der Altstadt.


Schon von weitem sehen wir die Festung „Castillo de San Felipe del Moro“, ganz einfach nur „El Moro“ genannt. Im Jahre 1540 hat man mit dem Bau der Festungsanlage zum Schutz der Stadt vor Piraten, Freibeutern und anderem Gesindel begonnen, damit das Gold, das man auf der Insel in den ersten beiden Jahrhunderten nach der Entdeckung durch Kolumbus abbaute, in Ruhe verladen und nach Europa verschifft werden konnte. Später waren es Zucker, Rum, Kaffee und Tabak.


Eine meterdicke Festungsmauer zieht sich über 10 Kilometer rund um die ganze Stadt, `geschmückt´ mit kleinen Wachtürmen, die man „Garitas“ nennt. „Alles von Menschenhand geschaffen“, denken wir und an die Sklavenarbeit, wo jeder Stein unzählige Male berührt und getragen werden musste, bis er nach dem Abbau und dem Transport endlich seinen richtigen Platz gefunden hat, in diesem faszinierenden Komplex aus Tunneln, Labyrinths, Verliesen, Türmen und Rampen, einem Festungsbau in höchster Vollendung.


Durch Schießscharten hindurch sehen wir den vorgelagerten Friedhof, haben immer wieder herrliche Ausblicke auf den Atlantik, der gerade in diesem Gebiet die unterschiedlichsten Tiefenangaben aufweist und wo es nicht weit von hier im sogenannten Puerto-Rico-Graben das Milwaukeetief gibt, das mit 9.219 Meter seine tiefste Stelle hat.


Wir besichtigen die ehemaligen Soldatenunterkünfte, die Munitionslager, den Speisesaal, den Leuchtturm und begehen schließlich alle sechs Ebenen, auf denen die Festung errichtet wurde. Wieder einmal sind wir dankbar, genießen dieses „Hier sein“ und ich sage nicht zum ersten Mal: „Uschi, wo wir sind!“ Wir sehen die schmale Einfahrt in die Bucht „Bahia de San Juan“, denken an die Karavellen, die hier an dieser strategischen Schlüsselstelle des spanischen Imperiums zur Zeit der Entdeckungsreisen, Eroberungen und Kolonisation der Neuen Welt ankerten und an die großartigen seemännischen Leistungen, die damals vollbracht wurden.


Heute ist Old San Juan UNESCO-Weltkulturerbe, das wir besichtigen dürfen, spazieren entlang der alten Festungsmauer, sehen wieder die kleinen `Garitas´ und auch zeitgenössische Bildhauerkunst, bevor wir die nahezu rechtwinkelig angelegten Gassen der Altstadt erreichen.




Wir besuchen die Kirche Catedral de San Juan, finden hier die Marmorgruft mit den Überresten des Entdeckers Ponce de Léon, können im Inneren auch die drei Kuppeln der Kirche erahnen, spazieren weiter durch die Calle San Francisco bis zur Altstadt-Universität und sehen in der Calle de La Luna ein willkommenes Hinweisschild mit der Aufschrift „Kreolische Küche“, natürlich frei übersetzt. Das Restaurant „Airenumo“ bietet uns eine mehr als verdiente Ruhepause am Weg unserer Besichtigungstour durch Old San Juan. Hohe Räume, Holzbalkendecken, Innenhof. Merkmale im Inneren des Restaurants in diesem einen, von über 800 Kolonialbauten, die diese Stadt bilden.





Am Plaza de Colón holt uns die Zeit der Entdecker wieder in die Realität des Besichtigens zurück. Wir stehen vor und bestaunen die riesigen Statue von Christoph Kolumbus, bevor es ausgezeichneten puerto-ricanischen Kaffee gibt, wir Amerikaner kennen lernen, denen es an Herzlichkeit ebenso nicht fehlt, wie an Interesse, von wo und wie man hierher nach Puerto Rico gekommen ist.





Noch in den Dämmerungsminuten finden wir das Gebäude „La Fortaleza“, das in den Jahren 1533 bis 1540 erbaut wurde und in dem heute der Gouverneur residiert. Nicht unweit davon steht die kleine Kirche Iglesia de San José, die früher einmal die Kirche der Familie von Ponce de Léon war.





Immer mehr Menschen strömen jetzt in den Abendstunden in die Stadt, die einen ganz einfach nicht loslassen will und gerade zu dieser Zeit ein besonderes Flair ausstrahlt. „Ein Abschlussgetränk gibt es noch“, in einer Bar, die origineller nicht sein kann, wo der Wirt selbst ein Original ist, das mehr als ferngesteuert die Getränke anrichtet und wo sich die Gäste an den Wänden verwirklichen können.



 Am Weg zum Auto sehen wir am Plaza del Quito Centenario noch die zwölf Meter hohe Skulptur „Totem Telúrico“, aus schwarzem Granit und Porzellan, die anlässlich des 500. Jahrestages der Entdeckung Amerikas an diesem Platz aufgestellt wurde, bevor wir San Juan endgültig `Auf Wiedersehen´ sagen, Dank Angelikas navigatorischer Fähigkeiten alle Ausfahrten in Richtung Puerto del Rey finden und schließlich im Marina-Restaurant mit wenig aufregendem Mojito den umso schöneren Tag beenden. Morgen sollten die Rum Fabrik „Bacardi“ und das „Observatorio de Arecibo“ am Programm stehen, wenn es nicht wieder „Besichtigungsstress“ verhindern will.