Regen, kalt, es zieht in der Ankerkabine, aber der
Schwell hat nachgelassen! Wir nutzen die Gunst der glatten See in der Bucht und
gehen vorsichtig Anker auf, was zu unserer großen Freude ganz einfach und vor
allem problemlos funktioniert. Ganz sanft haben wir ihn da unter der Felsspalte
heraus befreit und alle besorgten Gedanken der letzten beiden Tage und ein
wenig auch der Nächte kann man fast als „umsonst“ bezeichnen.
Diesem ersten „Highlight“ des Tages folgen bald die
nächsten: Strahlend blauer Himmel entlang der Westküste von Ibiza, eine
spiegelglatte See bei der Ansteuerung von San Antonio und ein lehmig-sandiger
Ankergrund in der weiträumigen Bucht vor den Hotelburgen der Stadt. Ruhe kehrt
ein wie der Anker auf 6 Meter Wassertiefe fällt und sein guter Halt nach dem Ankertauchgang
auch von Uschi freudestrahlend bestätigt wird.
Wir fahren mit dem Dinghy in Richtung Marina und Hafen,
wo man auch die vielen ankernden Schiff in der Bucht nicht vergessen und einen
eigenen Dinghy-Anlegesteg errichtet hat. Unaufhörlich laufen Ausflugsschiffe
den Hafen an, deren Ausflugsfahrten in unzähligen Kiosken entlang der
Strandpromenade angeboten werden.
„Viel ist nicht übriggeblieben von diesem kleinen Fischerdorf“
stellen wir rasch fest, auf unserem Strandspaziergang zu einer alten Windmühle,
die wir einsam und verlassen und eingezäunt ein wenig abseits der Hotelburgen finden.
Eine Lounge nach der anderen ist den Hotelkomplexen
vorgelagert, zum „Relaxen“ bei lautstarker Musik wie es mit Leuchtreklamen angepriesen
und auch sichtbar und hörbar vollzogen wird. Eine Strandpromenadenstimmung, die
die scheinbaren Bedürfnisse der Menschen an diesem Ort wieder gibt. Ebenso wie
die Discotempel „Paradise“ und „Eden“, oder was immer sich hinter den Namen
der fensterlosen Blechfassaden verbirgt.
Dann entdecken wir aber doch noch das alte San Antonio
oder zumindest die Reste dessen, was über 2 Jahrtausende hier entstanden und in
den letzten Jahrzehnten noch davon übrig gelassen wurde: Eine Kirche aus dem
14.Jahrhundert, die nahezu wie eine kleine Festung erscheint. Die damaligen
Bewohner widmeten sie dem heiligen Sant Antoni, nach dem auch der Ort benannt
ist: Sant Antoni de Portmany.
„Jetzt bist du wieder in deinem Altstadtelement“, meint
Uschi schmunzelnd, die es ebenso wie ich genießt, in den vielen kleinen Gassen zu
spazieren um die Atmosphäre der Ursprünglichkeit dieses Ortes zu spüren.
Langsam füllen sich auch diese Gassen mit vielen Tischen und bunten Stühlen vor
kleinen Cafés und Restaurants, in wiederholter Abwechslung unzähliger Souvenir-
und Bekleidungsläden.
Wir finden das kleine Straßencafé „La Cocina de Babel“,
mit Blickkontakt zur Kirche und einem mehr als freundlichen Juanito, den wir
ganz einfach `Juan´ rufen dürfen. Bald bringt er uns hervorragenden Thunfisch
nach Aioli mit Oliven und Weißbrot und schnell beschließen wir, auch das Flair
der Abend- und Nachstunden zu genießen. Jetzt folgt alles dem Rhythmus der
nächtlichen Erfordernisse: Rein ins Dinghy, zurück zur Santina, vorschlafen, Ankerlicht ein, rein ins Dinghy, zurück in
die Stadt und vor das „spanische“ Irish Pub, wo sich das alte San Antonio jetzt
in einem lebenslustigen Abendlicht zeigt.
Viel, viel später sehen wir von Bord der Santina wieder die „andere Seite der
Stadt“ und in einem anderen Licht: Karussell, Ringelspiel und etwas, wo
Menschen im Raketentempo scheinbar in den Nachthimmel geschossen werden.
Unglaublich und undenkbar für mich. Leuchtreklame, Neonlicht, Scheinwerfer. Wir
hören auch, dass die Nacht in dieser Stadt nicht zu Ende gehen wird und
schlafen dennoch wie „in San Antonios Schoss.“