Nach langer Zeit aktivieren wir wieder einmal unseren
Watermaker, im Sprachgebrauch der Fahrtensegler tatsächlich immer als
„Watermaker“ und nicht als „Wassermacher“ bezeichnet. Diese fast unheimliche
Maschine, die aus Salzwasser Trinkwasser macht, funktioniert schnell einwandfrei,
die gewonnene Wasserqualität ist in Ordnung und so sind wir sogar auf den
Balearen zumindest von dem unabhängig, was die Wasserversorgung betrifft.
Früh gehen wir Anker Auf, haben wenig Wind aus Ost, setzen
dennoch bald das Großsegel zur Unterstützung der „eisernen Genua“, die
unaufhörlich Strom in die Batterien ladet. Die ersten Meilen sind eine gute
Gelegenheit, sämtliche Ladevorgänge in die Batterien unter Motor zu beobachten.
Vielleicht bin ich ein wenig zu sensibel, was das Schiff und seine Technik
betrifft, wenn da und dort ein Licht Rot leuchtet, dann wieder blinkt und alles
nicht ganz dem entspricht, wie es die diversen Bedienungsanleitungen
versprechen. So ist es dann ganz einfach nur wunderschön und zugleich
beruhigend, wenn viel Wind aufkommt, die Genua gesetzt werden kann, am
Motorpaneel der Knopf „Off“ gedrückt wird und endlich aus dem Motorschiff das Segelschiff
wird.
„Traumhaft“, nicht nur wunderschön, wie gutmütig die Santina durch die wenig bewegte See
pflügt, scheinbar ebenso dankbar wie wir, dass nur noch die Geräusche von Wind
und Wellen hörbar sind. Gegen Mittag scheint es, als würde von Ibiza nach
Mallorca ein Flottillensegeln stattfinden, so viele Schiffe sind erst am AIS
und dann auch für uns sichtbar. Bald sind wir wieder allein. „Endlich wieder
ein kleiner Ansatz von dem, was man `Fahrtensegeln´ nennt.
Wie auf Schienen laufen wir einem neuen Ziel entgegen, haben
Zeit, ein wenig Geschichte über die drittgrößte Insel - nach Mallorca und Menorca
- der spanisch autonomen Region Balearen zu lesen: „Phönizier, Römer, der Einfall der Vandalen,
die maurische Herrschaft, die katalanische Eroberung, das Königreich Mallorca,
die ibizenkischen Korsaren“, alles wunderbare Grundlagen, das eine oder andere
zu verstehen und vor allem warum und wieso es so ist, wie es sich heute
darstellt. Nur wenig können wir über Ureinwohner der Insel erfahren, den
Pityusen, nach denen die Inselgruppe heute noch benannt ist.
Der Wind legt weiter zu je näher wir der
Insel kommen, das angepeilte ETA wird von einer frühen Abendstunde auf eine
späte Nachmittagsstunde vorverlegt, die Konturen Ibizas werden immer klarer und
so auch die Vorfreude auf den Landfall immer größer. 20 Knoten haben wir, wie
wir den nördlichsten Punkt der Insel, die Punta des Moscarter, erreichen und
die Westküste entlang bis zur Ansteuerung der Bucht Cala Portinatx entlang
segeln.
„Da liegen doch ganz schön viele Schiffe
hier“ meint Uschi gleich in der Einfahrt und ich denke an die Worte von Bernd,
der von „übervoll“ und „kein Platz“ gewarnt hat. So schlimm ist es dann doch
wieder nicht, wie sich der Anker zum zweiten Mal auf fast 12 Meter Wassertiefe in
den mit Seegras überzogenen felsigen Grund der Bucht eingräbt, nachdem zuvor ein
belgisches Schiff doch ein wenig nervös wurde, weil wir aus der Sicht seines
Skippers zu nahe bei ihm ankerten. „Recht hat er gehabt“ meinen wir zufrieden
am neuen Ankerplatz, wie der Wind später nachlässt um sich dann wieder ständig zu
drehen und wir sehen, wie die Schiffe in der Bucht in alle Richtungen schwojen.
„Landwind“ und „Seewind“, “thermische Winde“ und nicht „Passat“.