Quino kommt am Morgen. Rum möchte er
heute keinen meint er. Er betrachtet das Rigg der Santina. „Das kommt am Nachmittag, das Morgen.“ Er schaut zur Manatee. „Das muss ich bestellen, das
kommt auch Morgen, das muss ich noch messen.“ Er schaut zur Santina. „Das mach ich noch heute
Nachmittag.“ Dann ist er wieder weg. Helmut repariert seine Wasserpumpe, Uschi geht
Wäsche waschen, zusammen fahren wir einkaufen. Ich gehe gerne einkaufen. Wenn
wir mit dem Schiff unterwegs sind. Meist in Marinezubehör-Shops, weniger in
Lebensmittelgeschäften. Es ist ein klassischer Bordverpflegungs- und
Beschaffungsalltag.
Jeder Einkauf beginnt beim Schiff. „Was
brauchen wir noch in den nächsten Tagen?“, ist so eine meistgestellte Frage,
wenn Uschi mit dem Notizblock in der Hand die Lebensmittel- und Getränke-Schapps
durchstöbert, „Was könnte das Schiff und ich noch brauchen?“, meine an mich
selbst gestellte zweifellos selbstlose Frage, im Hinblick auf den
bevorstehenden Besuch von West Marine.
Einkaufen ist in Puerto Rico ein
gesellschaftliches Ereignis. Es beginnt beim Stau bei den Einfahrten zu den
Einkaufszentren und endet mit dem Stau bei den Ausfahrten aus den Einkaufszentren.
Dazwischen wird geshoppt. Menschen aller Generationen und Hautfarben versammeln
sich friedlich mit und um ihre Einkaufswagerln. Auch die Kleidung unterscheidet
sich. Manch eine nimmt’s sportlich, andere wiederum elegant. Hüte, Kopfschmuck,
Kapperln werden getragen, man sieht High-Heels, man sieht Sportschuhe, man
sieht Crocs.
Männer stehen meist gelangweilt vor den
Einkaufswagerln, die Hände in den Hosentaschen oder lässig am Griff des
Einkaufswagens gelehnt, Leidensgenossen beobachtend, freundlich zurückgrüßend.
Frauen sind zielstrebiger, wenn da nicht die vielen Bekannten wären. Man hat
den Eindruck, dass sich alle auf der Insel kennen. Man tratscht, man winkt sich
zu, man verursacht Stau. Einkaufswagenstau. Langsam beginnen sich die Wagen zu
füllen.
Es riecht nach Obst, nach Gemüse, nach
Kuchen und frischem Brot. Es ist kühl in der Halle, man hört Musik. Es muss
eine Art „Einkaufs-Simulations-Musik“ sein. Ab und zu hört man eine Durchsage.
Nichts kann jedoch die Geräusche der Klimaanlagen übertönen, die man selbst
irgendwann doch nicht mehr hört. Kinder spielen, sitzen im Einkaufswagerl oder
auf den Rücken der Männer.
Uschi und ich haben ein
Lebensmittel-Einkauf-System: Jede Warenzeile mit dem Einkaufszettel in der Hand
ganz konsequent durchgehen, dann kann man nichts vergessen und auch nichts
übersehen. Zum Schluss haben wir dann tatsächlich alles, oft auch das, was am
Zettel stand. Bier hab heute ich eingekauft.
Ganz am Ende des Einkaufs kommt der
geschulte Kassablick: Wieviel hat wer im Einkaufswagerl, der vor der jeweiligen
Kassa steht, wie lange könnte das dauern und wann hat man die verlorene
Einkaufszeit wieder aufgeholt. Meist ist es vergeblich-spekulative Kassa-Kurzwartezeit-Anstell-Müh,
spätestens im Einkaufszentrum-Ausfahrtsbereich, holt einen das Warten wieder
ein. Dann sind auch wir da durch.
Die Wäsche ist fertig, Quino hat bei
der Manatee mit dem Ausmessen und
Abbauen von Kleinigkeiten begonnen. Morgen macht er alles fertig. Helmut hat
seine Wasserpumpe repariert, an Bord der Santina
duftet es nach bestem Steak und Cole-Slaw. Dann kommen Helmut und Angelika
an Bord. Es gibt eine Mojito-Verkostung.
„Zwei Löffel brauner Zucker, eine halbe
Limone, Minzeblätter, Bacardi-Rum Superior, Clubsoda, Eiswürfel“. Uschi hat
gemixt, der Mojito oder besser gesagt die Mojitos waren Weltklasse. „Lecker“
wie Angelika feststellt, wir alle gemeinsam nach Sternen schauen, über
Silvester nachdenken. Culebra, das wär doch was. Zuvor jedoch das Rigg. Jeder
Einkauf endet auch am Schiff.