Die dunklen Wolken die in den
Morgenstunden über uns hinweg gezogen sind bleiben in den Bergen des Regenwaldes
hängen, uns begleitet schönes Wetter bis San Juan, wo uns die „Fledermaus“
erwartet, ein Glückssymbol von Kuba, das zum Logo der Destillerie Bacardi
wurde. Alles ist perfekt organisiert. Neben dem ersten Begrüßungsgetränk – wir
trinken es natürlich ohne Alkohol - bekommen wir irgendwelche runde Dinger in
die Hand gedrückt, die zu summen und vibrieren beginnen, wenn die Führung
beginnt und sich erst dann wieder abstellen lassen, wenn sie einem im kleinen
Besichtigungszug wieder abgenommen werden.
Die wenigen hundert Meter bis zum
Eingang des Ausstellungszentrums hätte man auch zu Fuß gehen können, in einer
gepflegt angelegten Parklandschaft rund um den Fledermauspavillon, wo wir zuvor
auf dieses Ereignis warten mussten.
Gut und anschaulich wird uns die Geschichte der Familie Bacardi vorgetragen, die mit dem Spanier Facundo Bacardí i Massó im Jahre 1862 in Kuba begann und wo er die erste Destillerie „Bacardí & Ca.“ in Santiago de Cuba gegründet hat.
Ein nachgebildetes Chef-Büro versetzt
uns in jene Zeit, wo das Unternehmen schon seinen Erfolgslauf gestartet hat, wo
die ersten Probleme mit drastischen Einfuhrzöllen in die USA und Enteignungen
in Kuba überwunden waren, das Werk in Puerto Rico gegründet wurde und ein neuer
Stammsitz auf den Bahamas die Produktion wieder aufnehmen konnte.
Bis heute ist Bacardi ein
Familienbetrieb geblieben und mittlerweile der größte Spirituosenhersteller der
Welt. Wiederum in einer aus vergangenen Tagen stammenden, nachgebildeten Bar,
sehen wir eine Vorführung von verschiedenen Bacardi-Mixgetränken, die wir uns
merken wollen, bevor die Abfüllmaschinerie gezeigt wird und man schnell verstehen
kann, dass wir auch bei uns in nahezu jedem Lokal die Flaschen mit der
Fledermaus sehen.
„Bestimmt unterscheidet sich das alte originale
Familienrezept `Ron Caney´ oder `Santiago de Cuba´ aus den Entstehungsjahren
auf Kuba von dem, was wir heute zu probieren bekommen haben“, denken wir uns
nach der Verköstigungstour im Bacardi-Souvenir-Shop, kaufen dennoch eine
Flasche klassischen neuen, weißen Rum „nur zum Mixen“ und stellen fest, dass
die Bacardi-Werbung eine sehr gute ist. Wir fahren weiter in Richtung Arecibo.
Die Straße zum „Observatorio de
Arecibo“ windet sich endlos lang hinauf durch überwucherten Sandsteinkarst,
durch tiefe Schluchten und über Bergkämme, vorbei an grasenden Rindern und
Pferden, bis endlich im erwartungslosen „da kommt nichts mehr“ ein riesiger
Betonturm sichtbar wird, der mit scheinbar überdimensionalen Stahlseilen zu
allen Seiten abgespannt ist.
Pierce Brosnan als James Bond war auch
hier, mit dem Film „Golden Eye“ und Jodie Foster hat im Kinofilm „Contact“ die
Hauptrolle gespielt, wissen wir, erfahren aber auch, dass es noch keine
„Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ gegeben hat und dass von hier aus auch
kein extraterrestrisches Leben oder Stimmen aus dem All entdeckt wurden, wie im
Film behauptet wurde.
Schnell werden wir in eine andere Welt
versetzt. Wir bekommen einen Einblick in den Ausblick, in das was wir in den
Nachtstunden bei Überfahrten da oben bewundern. Wir sehen eine Ausstellung zu
Wissenschaft und Astronomie, sehen Entdeckungen über die Erde und unser
Sonnensystem, über Sterne und Galaxien und über Daten, die vom Reflektor empfangen
werden und über Glasfaserkabeln im Kontrollraum in Rechner zusammengefasst werden.
Wir sehen einen Film über das, was das
Observatorium kann, warum es errichtet wurde und dann endlich das größte
Radioteleskop der Welt, eingebaut in einen natürlichen Krater, in einer
verzauberten Landschaft.
Von hier kann man Wettermuster in der
sogenannten Troposphäre untersuchen, ins Zentrum von Quasaren schauen, die bis
zu zehn Lichtjahre von uns entfernt sind, erfahren und lesen wir. Was immer all
das bedeutet, es ist beeindruckend. Vor allem die dreieckige Plattform, die
fast 140 Meter über dem Reflektor schwebt. „Da bringt mich niemand rauf“, denke
ich, und auch nicht auf die drei großen Trägermasten, die das Ding tragen, alle
um die 80 Meter hoch.
Fasziniert fahren wir zurück in
Richtung San Juan, besuchen zuvor noch das „Metropol“, ein Restaurant mit Bar,
einer echten heruntergekühlten Metropole für Massenverköstigung, von dem man
über die Dächer von Blechkarossen hinüber sieht ins Outlet-Center von
Barceloneta, einer künstlich nachgebildeten Einkaufsstadt. „Steile Dächer,
Ziegeldach, Arkaden, Rustika-Unterteilungen, nette Fenster und Türen, gepflegte
Vorgärten“. Alles was in den Köpfen der Menschen so drinnen ist, die an
Altstadt und an Haus denken, findet man hier vereint in der Architektur der
Verkaufsstätten, die in Kojen vergeben werden und wo auch wir uns der
Versuchung des „Billig-Einkaufs“ nicht entgegenstemmen wollen.
„Wir können hier das, was wir fürs
Schiff ausgegeben haben, durch günstigere Einkäufe wieder gut machen“, sag ich schmunzelnd
zu Uschi, während wir nur einige wenige Markenartikelshops besuchen, weil dann diese
fremde Stadt auch irgendeinmal geschlossen wird. Kalt war es wieder im
Einkaufszentrum, saukalt, wie im Metropol.
In San Juan verfahren wir uns, weil
unsere Damen im Fond des Autos zu sehr mit den Eindrücken des heutigen Tages
beschäftigt waren und Helmut und ich zu sehr mit den Schönheiten von San Juan,
die jetzt vermehrt auftauchen, je weiter wir uns zwischen Old San Juan und Neu
San Juan bewegen, dem eigentlichen Ziel Puerto del Rey aber nicht näher kommen.
„Jetzt haben wir wieder viel von San
Juan gesehen“ meint Uschi, nachdem uns Angelika bald wieder auf die richtige
Straße navigierte und wir auf vertrauten Autostraßennummern unserer Marina del
Rey entgegenfahren. Dann rufen wir uns ein „Morgen kommt Quino“ noch vor dem
allerletzten Gute-Nacht-Drink freudig und hoffnungsvoll zugleich von unseren
Schiffen zu.