Samstag, 27. Dezember 2014

„PUERTO RICO – SAN JUAN“

Rund 60 Kilometer sind es von Puerto del Rey bis nach San Juan, in die Hauptstadt. Wieder sind die Straßenverhältnisse bestens, nur ab und zu gibt es solch kleine unscheinbare Hügeln, meist vor Brücken, die unerwartet auftreten und nach deren passieren die Fondpassagiere immer froh sind, nicht mit ihren Köpfen das Dach des Autos beschädigt zu haben.


„Helmut fährt am Morgen, ich am Abend“, so haben wir es vereinbart und so ist es auch heute, wie wir schöne Landstriche durchfahren und recht schnell die mehrspurigen Autobahnen als Großstadtvorboten erreichen. Sie sind mit Palmen gesäumt und weisen uns den Weg durch das neue San Juan, der Neustadt, entlang von „Condado“, einem Strandabschnitt, mit Restaurants und Designergeschäften, Fast-Food-Ketten und Souvenirläden und natürlich mit Hotelburgen, wo alle Klassiker sauber aufgefädelt nebeneinander liegen, bis in die Altstadt, dem Old San Juan. In einer sehr gepflegt angelegten Lagune vor den Hotelanlagen spiegeln sich die mittelgroßen Wolkenkratzer wieder.


Die Angaben der Einwohnerzahlen von San Juan in den diversen Reiseführern lassen keine genauen Schlüsse zu, wie viele Menschen hier tatsächlich leben. Hier steht, dass die Stadt rund 400.000 Einwohner hat, mit den Vororten zusammen rund 2,5 Millionen, wo anders steht wieder, dass knapp über ein Drittel der rund 3,9 Millionen Einwohner von Puerto Rico in San Juan leben, woraus sich rund 1,3 Millionen Einwohner errechnen lassen.

Es spielt heute keine Rolle. Bald sehen wir den Atlantik auf dieser LUV-Seite der Insel und wie seine langgezogenen Wellen die Strände entlang rollen, bevor sie weiße Kronen erhalten und ihr langer Weg langsam zu Ende geht. Cruiser liegen im geschätzten Hafen, an Bord die neuzeitliche Art der Entdecker, die bald die Stadt für kurze Zeit beherrschen wird. Wir fahren den Boulevard del Valle entlang und parken unseren Kia in einer Tiefgarage inmitten der Altstadt.


Schon von weitem sehen wir die Festung „Castillo de San Felipe del Moro“, ganz einfach nur „El Moro“ genannt. Im Jahre 1540 hat man mit dem Bau der Festungsanlage zum Schutz der Stadt vor Piraten, Freibeutern und anderem Gesindel begonnen, damit das Gold, das man auf der Insel in den ersten beiden Jahrhunderten nach der Entdeckung durch Kolumbus abbaute, in Ruhe verladen und nach Europa verschifft werden konnte. Später waren es Zucker, Rum, Kaffee und Tabak.


Eine meterdicke Festungsmauer zieht sich über 10 Kilometer rund um die ganze Stadt, `geschmückt´ mit kleinen Wachtürmen, die man „Garitas“ nennt. „Alles von Menschenhand geschaffen“, denken wir und an die Sklavenarbeit, wo jeder Stein unzählige Male berührt und getragen werden musste, bis er nach dem Abbau und dem Transport endlich seinen richtigen Platz gefunden hat, in diesem faszinierenden Komplex aus Tunneln, Labyrinths, Verliesen, Türmen und Rampen, einem Festungsbau in höchster Vollendung.


Durch Schießscharten hindurch sehen wir den vorgelagerten Friedhof, haben immer wieder herrliche Ausblicke auf den Atlantik, der gerade in diesem Gebiet die unterschiedlichsten Tiefenangaben aufweist und wo es nicht weit von hier im sogenannten Puerto-Rico-Graben das Milwaukeetief gibt, das mit 9.219 Meter seine tiefste Stelle hat.


Wir besichtigen die ehemaligen Soldatenunterkünfte, die Munitionslager, den Speisesaal, den Leuchtturm und begehen schließlich alle sechs Ebenen, auf denen die Festung errichtet wurde. Wieder einmal sind wir dankbar, genießen dieses „Hier sein“ und ich sage nicht zum ersten Mal: „Uschi, wo wir sind!“ Wir sehen die schmale Einfahrt in die Bucht „Bahia de San Juan“, denken an die Karavellen, die hier an dieser strategischen Schlüsselstelle des spanischen Imperiums zur Zeit der Entdeckungsreisen, Eroberungen und Kolonisation der Neuen Welt ankerten und an die großartigen seemännischen Leistungen, die damals vollbracht wurden.


Heute ist Old San Juan UNESCO-Weltkulturerbe, das wir besichtigen dürfen, spazieren entlang der alten Festungsmauer, sehen wieder die kleinen `Garitas´ und auch zeitgenössische Bildhauerkunst, bevor wir die nahezu rechtwinkelig angelegten Gassen der Altstadt erreichen.




Wir besuchen die Kirche Catedral de San Juan, finden hier die Marmorgruft mit den Überresten des Entdeckers Ponce de Léon, können im Inneren auch die drei Kuppeln der Kirche erahnen, spazieren weiter durch die Calle San Francisco bis zur Altstadt-Universität und sehen in der Calle de La Luna ein willkommenes Hinweisschild mit der Aufschrift „Kreolische Küche“, natürlich frei übersetzt. Das Restaurant „Airenumo“ bietet uns eine mehr als verdiente Ruhepause am Weg unserer Besichtigungstour durch Old San Juan. Hohe Räume, Holzbalkendecken, Innenhof. Merkmale im Inneren des Restaurants in diesem einen, von über 800 Kolonialbauten, die diese Stadt bilden.





Am Plaza de Colón holt uns die Zeit der Entdecker wieder in die Realität des Besichtigens zurück. Wir stehen vor und bestaunen die riesigen Statue von Christoph Kolumbus, bevor es ausgezeichneten puerto-ricanischen Kaffee gibt, wir Amerikaner kennen lernen, denen es an Herzlichkeit ebenso nicht fehlt, wie an Interesse, von wo und wie man hierher nach Puerto Rico gekommen ist.





Noch in den Dämmerungsminuten finden wir das Gebäude „La Fortaleza“, das in den Jahren 1533 bis 1540 erbaut wurde und in dem heute der Gouverneur residiert. Nicht unweit davon steht die kleine Kirche Iglesia de San José, die früher einmal die Kirche der Familie von Ponce de Léon war.





Immer mehr Menschen strömen jetzt in den Abendstunden in die Stadt, die einen ganz einfach nicht loslassen will und gerade zu dieser Zeit ein besonderes Flair ausstrahlt. „Ein Abschlussgetränk gibt es noch“, in einer Bar, die origineller nicht sein kann, wo der Wirt selbst ein Original ist, das mehr als ferngesteuert die Getränke anrichtet und wo sich die Gäste an den Wänden verwirklichen können.



 Am Weg zum Auto sehen wir am Plaza del Quito Centenario noch die zwölf Meter hohe Skulptur „Totem Telúrico“, aus schwarzem Granit und Porzellan, die anlässlich des 500. Jahrestages der Entdeckung Amerikas an diesem Platz aufgestellt wurde, bevor wir San Juan endgültig `Auf Wiedersehen´ sagen, Dank Angelikas navigatorischer Fähigkeiten alle Ausfahrten in Richtung Puerto del Rey finden und schließlich im Marina-Restaurant mit wenig aufregendem Mojito den umso schöneren Tag beenden. Morgen sollten die Rum Fabrik „Bacardi“ und das „Observatorio de Arecibo“ am Programm stehen, wenn es nicht wieder „Besichtigungsstress“ verhindern will.