„Wir besuchen unseren ersten richtigen Karneval in der Karibik“
freuen wir uns schon während dem Frühstück in der Hotelanlage. Trinidad haben
wir versäumt, Panama war nur im Ansatz das, was wir uns erhofft haben, aber
heute ist es endlich soweit: Karneval auf den Virgins, Karneval in der Karibik.
Wieder geht’s mit dem Taxi die wenigen Meilen vom Hotel bis ins Zentrum von
Charlotte Amalie, wo wir schon am Weg dorthin die ersten verkleideten Menschen
sehen, die sich bald in einer der vielen kleinen Seitengassen sammeln, um bald
darauf mit großem Stolz ihre Kostüme zu zeigen.
Wieder ist es drückend heiß im Herzen der Stadt. Unzählige
Menschen sitzen oder stehen aufgereiht entlang der Zufahrtsstraße zum großen
Hauptplatz. Wir sehen die Bewohner und Touristen mit originellen Sitzgelegenheiten,
manche mit integrierten Sonnenschirmen, viele haben Getränke und Speisen
mitgebracht. Lautstark ertönt die Musik von Lastwagen mit Anhängern, Steelbands
vermitteln recht schnell den Zauber ihrer Welt, dann folgen die ersten bunten
Karnevalgruppen, tanzend, singend, kreischend, lachend.
Es ist ein erfreuliches Mit- und Durcheinander der Kulturen, ein
stolzes Herzeigen langer Arbeit, ein Präsentieren einstudierter Tänze, ein
endlich im Mittelpunkt stehen. Manchmal ist es vielleicht auch ein wenig die
Erinnerung an die Wurzeln des Entstehens. Gesang und rituale Tänze lösen
einander ab, der Rhythmus ist spürbar, überträgt sich unweigerlich auf die
Zuseher, die so zu einem Teil des Ganzen werden.
Uschi und ich beobachten auch Touristen. „Das sind Segler, das
sind Hotelgäste“, versuchen wir zu unterscheiden. „Die liegen hier vor Anker“
meinen wir dann ein wenig nachdenklich, „da draußen in der Karibischen See. Die
sind mit einem Segelboot gekommen.“ Die Gedanken sind immer noch nicht ganz am Weg
nach Europa.
Miss St. Thomas erscheint, bald darauf die Miss aus St. John. Jeder Insel seine Miss. Beide winken kindlich-majestätisch von den fein geschmückten Autos, fast ein wenig zu besinnlich im Trubel der vor ihnen war und hinter ihnen folgt. Alles sammelt sich wieder am Hauptplatz, wo das "The Virgin Islands Carnival Committee“ die Wertungen vornimmt. Wieder hört man eine Steelband, dann die nächste, dann tanzen Gruppen, später Einzelpersonen, es ist großartig.
Um 12.52 Uhr lauft die Singelgracht
aus St. Thomas aus. Kurs Atlantischer Ozean, Kurs Gibraltar, wo das Schiff am
12. Mai ankommen soll. Dann geht’s nach Mallorca und in viele andere Häfen
mehr. An Bord ist die Santina, die
bald das zweite Mal den Atlantik überquert haben wird. Jetzt gibt es kein
Zurück mehr! Nur kurz werden wir aus unseren Karnevalgedanken herausgerissen,
dann geht das bunte Treiben weiter. Bis lange in die Nacht, wo wir aber schon
längst wieder zurück sind in der Hotelanlage, am Strand sitzend, bei einem
guten Zacapa, die Sterne und den Mond beobachten.