Schon in den frühen Morgenstunden hat das mit Backpackern
vollbeladene Stahlschiff, die SY
Stahlratte, ihren Ankerplatz mit Kurs Cartagena verlassen. Nur die beiden
kleinen Haie sind immer noch in der Bucht, genauer gesagt unter unserem Schiff.
Recht schnell zeigen sie sich, wenn wir mit irgendwelchen Speisen in die Nähe
des Hecks kommen. Für mich sind sie unendlich groß, was auch der Grund dafür
ist, dass ich heute sehr gerne auf den morgendlichen Badespaß verzichte. Erich
wagt den Sprung ins nahezu 29 Grad warme Wasser, kommt unversehrt zurück und
zur Belohnung gibt’s Corned-Beef, nicht für Erich, sondern für unsere beiden
Haustiere, die das Dosenfleisch vom Löffel wegessen. Dann sind sie plötzlich zu
dritt. „Irgendwann kommt auch noch die Mami zu den Kleinen“ meine ich, um
meinem heutigen Nicht-ins-Wasser-gehen doch ein klein wenig mehr Bedeutung zu
verleihen.
Auf der Insel Tiadup lebt eine Kunafamilie. Ein paar
wenige palmengedeckte Hütten sind hier aufgestellt. Ein Küchenhaus, ein
Wohnhaus, ein überdachter Essbereich, zwei Schlafhäuser. Hängematten sind neben
dem überdachten Essbereich aufgespannt, Molas, Armbänder, Fußbänder und bunt
bemalte Kopftücher sind ausgestellt. Rosaline ist eine in der Kunatracht
gekleidete Kuna-Dame, die hier offensichtlich das geschäftstüchtige Kommando
führt und uns sofort sehr herzlich begrüßt.
Ria hat sich schon seit dem Beginn unserer Reise als
perfekte Spanischdolmetscherin verdient gemacht und so ist auch sie eine
willkommene Ansprechpartnerin, nicht nur für Rosalinde, sondern auch für alle
anderen Familienmitglieder hier auf der Insel. Der alte Kuna in der Hängematte,
der mit seinem Handy spielt, das keinen Akku hat, der Koch, der manchmal aus
seinem qualmenden Küchenhaus blickt, der junge Kuna, der uns schon die zweite Runde
Bier bringt und das Kuna-Mädchen, das mit bloßen Händen Fische putzt. „Gibt es
solche auch für uns?“ meinen wir ein wenig fragend und zugleich treuherzig
blickend zu Rosalinde, die uns sofort für 16 Uhr zu Tisch bestellt.
Zeit genug, um nochmals zurück aufs Schiff zu fahren, den
Anker zu heben um ihn kurz danach wieder in den sandigen Boden einzugraben, der
zwischen den Inseln Olosicuidup und Guarladup den Meeresboden bedeckt. Uschi
taucht nach dem Anker, der sauber und beruhigend auf 8 Meter Wassertiefe
eingegraben ist, dann rufe ich laut zu Ria und Erich, die unser Ankermanöver
von der Insel aus beobachtet haben: „Mein Traumankerplatz!“ Wie oft soll man es
noch festhalten? Türkises Wasser, weißer Sand, blauer Himmel, weiße Wölkchen,
grüne Palmen. Immer wieder einfach unglaublich!
Das Kuna-Handy ist geladen, wir fahren zurück zur
Kunafamilie, einige junge Backpacker aus unterschiedlichsten Nationen sind mit
einem offenen Motorboot hier angekommen, sitzen wie wir am Strand, liegen in
Hängematten, beobachten, tratschen, genießen diese friedliche Stimmung. Wir
haben unsere Teller und unser Besteck mitgebracht. Dann wird Fisch mit
Kokosreis serviert. Rosalinde freut sich, der Kuna mit dem aufgeladenen Handy
freut sich, wir freuen uns.
Später sitzen wieder alle am Strand, beobachten den
Sonnenuntergang, der von Wolken verborgen wird, was kein Problem ist, weil so
ganz einfach wunderschöne Lichtstimmungen in den Himmel und auf die See
gezaubert werden. Dann ist die Sonne untergegangen. Schnell wird es dunkel hier
in den Tropen. Wir setzen diesen so schönen Tag auch in den Abendstunden an
Bord der Santina fort, bleiben noch lange an Deck, beobachten die Sterne,
Planeten, entdecken Konstellationen.
Der Große Wagen taucht auf, der Jupiter, der Nordstern,
der Kleine Wagen, der Orion. Dankbarkeit ist spürbar. Dankbarkeit für das, was
erlebt werden darf. Dankbar für das woran man merkt „Ich lebe!“. Erich meint an
diesem Abend zu mir, „Es ist schön, dass du durch diesen Törn wieder so richtig
zum Segeln zurückgefunden hast.“. Uschi hat das gleiche vor ein paar Stunden
gesagt. Das ist genau so richtig.