Nordwestlich von uns Wichubhuala, westlich von uns
Nalunega, zwei Inseln, die von Kunas bewohnt sind. Schön kann man die Umrisse
ihrer dicht aneinander gereihten Häuser sehen, ihre natürlichen Materialien aus
Bambus und Palmenholz, nahezu ausnahmslos mit Palmenblätter oder Stroh gedeckte
Dächer. Nur vereinzelt hat man Wellblech als ein „neues“ Dachdeckungsmaterial
eingesetzt, deren Roststellen jetzt schon bis zur Santina sichtbar sind. Überall sind bunte Fahnen zu sehen, die auf
ein bevorstehendes politisches Ereignis hinweisen: Wahlen.
Wir fahren mit dem Dinghy zur Hauptinsel, nach Porvenir.
Zwischen schönen Riffformationen hindurch, auf türkisen Wasser und gegen viele
kleine Wellen, was bedeutet, dass wir patschnass ankommen. Auch heute ist
wieder das Wasser unser Element.
Ein Kleinflugzeug landet gerade, wie wir die Insel
betreten. Ein Ereignis, das gerne beobachtet wird. Der schwankende, fast
zögernde Landeanflug, das sichere Aufsetzen der Maschine auf der holprigen
Landepiste, das Dröhnen der Motoren und das Einparken vor dem kleinen
Immigrationgebäude. Fast möchte man meinen, dass die wenigen Passagiere immer
noch etwas zittrig sind, wenn man sie beim etwas taumeligen Aussteigen
beobachtet.
Auch wir klarieren in Guna Yala ein, werden sehr
freundlich empfangen und herzlich Willkommen geheißen. Der Customer freut sich
besonders wie er sieht, dass er es war, der vor fast genau einem Jahr unsere
Papiere an diesem Ort behandelt hat. Wir sind in der Comarca San Blas, im Land
der Kuna, das oft auch als Kuna Yala, Guna Yala oder Tule Nega bezeichnet wird.
Alles bedeutet soviel wie „Zuhause der Menschen“ und auch „Berge der Kuna“.
Wir genießen wieder einmal, besuchen das kleine und einzige Restaurant auf der Insel, dem einige Zimmer für Backpacker angeschlossen sind, spazieren dem weißen Strand entlang, sehen wie sich die Palmen elegant im Passatwind wiegen, liegen in Hängematten und blicken hinaus auf die See mit ihren brechenden Wellen auf die vorgelagerten Riffe. Von hier sind wir gekommen und bald schon wird sie uns wieder haben wird, wenn wir die Inselgruppe Chichime Cays anlaufen werden, unser nächstes Ziel.
Zuvor besuchen wir noch Wichubhuala oder Wichubwala. Beides ist richtig. Wieder nur freundliche Gesichter, Kunafrauen mit ihren festlichen Trachten, bunt bestickte Molas, ein Wickelrock, kleinteilige Fuß- und Armketten, schöne Kopftücher. Wir kaufen beim Bäcker Kunabrot, warmes, nein heißes Brot, das so köstlich ist, dass wir bald nochmals den Bäcker besuchen müssen. Wir lernen die ersten Worte. „Madu“ (Brot), „Nuedi“ (Danke) und natürlich „Maku Maku“ (Bier) und „Itomalandu“ (Prost).
Auch unsere Bitte nach einer Kunaflagge wird schnell
erfüllt. Bis knapp vor die Tür eines Kunahauses führt mich der Kuna, dann kommt
freundlich aber doch recht unmissverständlich so etwas wie „Bis hierher und da
warten“ und dann überreicht er mir fast feierlich die Flagge der Kuna.
Rot-Gelb-Rot, mit einer Swastika in der Mitte des breiten gelben Feldes. Es ist
die Flagge der Dule-Revolution von 1925, die Kuna Yala bis ins Jahr 2010
führte. Die Swastika, die man bei uns schlichtweg als Hakenkreuz bezeichnen
würde, stellt hier einen symbolisierten Oktopus dar, der nach der lokalen
Überlieferung die Welt erschaffen hat. Damit können wir vorerst leben,
wenngleich ich zu gerne die neue Flagge der Kuna gehabt hätte, die es seit 2010
gibt, wo das Land auch in Guna Yala umbenannt wurde und wo an Stelle der
Swastika nunmehr zwei
gekreuzte Arme mit Pfeil und Bogen zu sehen sind. Die bisherige Flagge wird für
Zwecke beibehalten, die den Widerstand und die Dule-Revolution von 1925
darstellen. Man hat sich die Autonomie – die Comarca – schwer erkämpft.
Wir gehen Anker auf und Kurs Chichime Cays, zu den nordwestlichsten Inseln der San Blas. Wie auf Schienen läuft die Santina den San Blas Channel entlang, den beiden gut sichtbaren Palmengruppen entgegen. Ein bisschen Nervenkitzel ist immer dabei, wenn man die Inseln ansteuert, überall brechen sich die Wellen an den vorgelagerten Riffen, die Wasserfarbe geht von einem dunklen Blau in grünlich-türkise Farbtöne über, da und dort wird es bräunlich, gute Zeichen dafür etwas Abstand zu halten.
Mit der hochstehenden Sonne im Rücken sind die Konturen der Riffe gut erkennbar. Uschi steht am Bug des Schiffes. „Augapfelnavigation“ nennt man das Ganze, bis wir vor der kleinen Insel Uchutupu Pipigua vor Anker gehen. Blendend weißer Strand, grüne Palmen, türkises Wasser, hellblauer Himmel mit weißen Passatwolken. „Eine unglaublich schöne Fototapete“ zeigt sich vor uns, neben uns, über uns, überall! „Wo wir sind!“ sag ich dankbar zur Crew, wo die Riesenfreude über das jetzt Sichtbar gewordene nicht mehr zu verbergen ist.
Die SY Aphrodite mit Andreas und Cordula liegt auch hier vor Anker. Wir haben Andreas vor zwei Jahren in Curaçao kennen gelernt. Natürlich ist die Wiedersehensfreude groß, beide sind bald an Bord der Santina und gemeinsam werden nun diese ersten Eindrücke ausgiebig genossen. Es ist traumhaft hier!