Serapio kommt ein wenig überpünktlich zum Schiff und
bringt uns die neue Flagge von Guna Yala mit, jene an deren Stelle der Swastika
nunmehr zwei
gekreuzte Arme mit Pfeil und Bogen zu sehen sind. Wir hissen sie unter der
Steuerbordsaling, frühstücken gemeinsam mit Serapio, der uns mit seinem
Motorboot in sein Dorf bringt, wo wir in ein recht wackeliges Kanu umsteigen
und den Fluss Rio Azucar entlangfahren.
Schön
ist es bereits an der Flussmündung, immer schöner und fast ein wenig
abenteuerlich wird es wie wir in den Regenwald hineinfahren und schließlich ein
kleines Ufer erreichen, wo unsere Wanderung beginnt.
Mit
Macheten bewaffnet begleiten uns zwei Kunas, einer an der Spitze unserer
vierköpfigen Truppe, einer am Ende. Immer wieder nutzen sie sie um den Weg ein
wenig abzuholzen, der nichts weiter ist als ein schmaler Trampelpfad. Nur ein
wenig links oder rechts von diesem Weg würde es kein Weiterkommen mehr geben.
Wir haben schöne Stimmungsbilder hier im Dschungel, der dichter und dichter
wird, wo uns der Weg über mehrere kleine Flüsse und Bachbeete führt, bis wir
nach etwa zwei Stunden unser Ausflugsziel, einen Wasserfall, erreichen.
Wie
fast alle Wasserfälle in der Karibik sind auch hier die Kunas so stolz auf
diese Wasserfälle, die bei uns nahezu jedes Flüsschen besitzt. Zwei kleine
Kaskaden, die einen kleinen Teich bilden, in dem wir natürlich eine willkommene
Abwechslung in Form einer Abkühlung finden und dies auch nutzen. Dann geht’s
wieder zurück. Wieder dauert die Wanderung knappe zwei Stunden. Kurze aber doch
heftige Regengüsse begleiten uns, wir hören unzählige Geräusche, die unsere
Fantasie doch ein wenig anregen, sehen Affen, hören Ameisenbären und plötzlich
auch das Geräusch eines pfauchenden Wildschweins, worauf der Kuna sofort in
eine Art Kampfeshaltung geht, bis es endlich verschwunden ist. „Gutes Fleisch“,
sagt er und lacht. Auch Affen und Leguane zählen zu beliebten Abwechslungen in
der Speisenkarte der Kuna.
Wie
wir wieder an unserer Flussmündung ankommen fragt mich Erich, ob ich während
unserer Wanderung nicht auch an all jene Tiere gedacht habe, die bestimmt neben
oder über uns vorhanden waren, ohne dass wir sie gesehen haben. Ich meine nur:
„Ununterbrochen hab ich an das gedacht, während der ganzen Zeit!“ Tatsächlich
war es so, dass wir schon bemerkt haben, dass unsere beiden Kunas sehr aufmerksam
waren und uns immer das Gefühl gegeben haben, dass sie gut auf uns und
natürlich auch auf sich selbst aufpassen.
Wir
fahren ins Dorf Rio Azucar, wo wir bei Serapio Essen. Fisch wird serviert. Wieder
gibt es Kokosreis dazu, und Linsen und Zwiebel. Das Dorf hat nicht jene Reize,
die wir in anderen Kunadörfern vorgefunden haben. Einige Hütten aus Beton haben
die Bambus- und Holzhäuser verdrängt, Wellblech wird als die neue
Dacheindeckung verwendet, Satellitenschüsseln sind sichtbar und im Fernsehen läuft
ein Kiddy-Contest.
Die
neuen Materialien sind nicht geeignet für dieses Klima. Die Stahlbewehrungen
rosten, die braune Rostsuppe rinnt an den Wänden entlang, der Beton zerbröselt,
alles wird unansehnlich. Wie schön und wie schlicht zeigen sich neben diesen
meist schon unbrauchbaren und nach kurzer Zeit fast schon verfallenen Hütten
die alten, ursprünglichen Holzhäuser. Auch das sollte einer der Sailas einmal
in einem „Congreso“ erwähnen. Wir sehen auch so ein Haus, das bedeutendste Haus der
Kunas, das „Casa de Congreso.“ Überall dort, wo die Inseln bewohnt sind, gibt
es diese Häuser, das Herz der Kuna-Gesellschaft. In diesem Haus organisieren
die Häuptlinge die Zusammenkünfte. Im Inneren sind Bänke aufgestellt und sogar
Hängematten gibt es über den Besprechungsbereichen.
„Zurück zum Paradies Santina“
meint die Crew bald, was wir auch machen. Vollbepackt mit Kunabrot, Bananen,
Ananas, Tomaten und Bier.