Nur die Franzosen, die gestern Nachmittag knapp vor uns
vor Anker gegangen sind und einer davon heute Morgen stockbesoffen im Wasser
treibt und lallend „Rettet mich“ schreit, machen ein wenig Stress bei unserem
Anker auf Manöver, dann sind wir klar, der Franzose wieder taumelnd an Bord
seines Schiffes, wir setzten noch in der Bucht die Segel und segeln hinaus aus
Portobelo mit Kurs Bocas del Toro.
Bald spüren wir, dass der Wetterbericht ganz in Ordnung war. Drei bis dreieinhalb Meter
hohe Wellen rollen mit einigen Schaumkronen überzogen langsam von Achteraus auf
uns zu, sind langgezogen und gutmütig, unterlaufen sanft unser Schiff. Wir
haben 25 bis 30 Knoten Wind, machen eine dementsprechend gute Fahrt und gehen
bald den schönen Rhythmus der See.
Einiges ist an Großschiffen unterwegs, wie wir gegen
Mittag weit draußen die Höhe der Einfahrt zum Panamakanal passieren, wir testen
Radar und AIS, was beides beruhigend gut funktioniert. Dann lässt der
Schifffahrtverkehr plötzlich nach, kommt völlig zum erliegen, wir sind allen
auf weiter See, am späten Nachmittag wird der Wind etwas weniger, ebenso die
Wellenhöhe, pendelt sich bei 2,50 Meter ein. „So soll´s bleiben“ meinen Uschi
und ich, dann segeln wir einem wunderschönen Sonnenuntergang entgegen, der dann
doch keiner wird, weil Wolken im Westen das Schauspiel verdecken. Ich lese
Nelson Mandelas „Langer Weg zur Freiheit“. Ein großartiges, faszinierendes Buch.
Wir stellen uns auf eine Wacheinteilung ein, die gut funktionieren würde, wenn
meine „Schlafen-Geh-Disziplin“ eine bessere wäre.
„Es ist ohnehin nur eine Nacht“ mein ich zu Uschi, wie
uns der erste Frachter begegnet. Die MY
Sydney Express, 614 Fuss lang, 98 Fuss breit. Weitere Kaliber derselben
Größe folgen, auf Gegenkurs, auf Parallelkurs, was uns schnell feststellen
lässt: „Langweilig wird’s uns nicht werden!“
Es ist wie „Nah- und Fern-Sehen“. Scheinbar nah die
Frachter am Radar, am AIS und in ihrer Lichterführung, sehr nahe das Plankton,
das uns hell leuchtend zu beiden Seiten des Schiffes begleitet, fern die
Sterne, die Sternenbilder und die Planeten, ein wenig fern in dieser Nacht auch
noch unser Ziel, Bocas del Toro.
Im Salon unter Deck ist es etwas gemütlicher als an Deck,
im Cockpit. Hier läuft das Schiff im Rhythmus der See ruhig und gleichmäßig, seine
Geräusche sind vertraulich, ein wenig das Knarren des Holzes (obwohl eine
Sunbeam nicht knarrt), ein paar andere Geräusche, denen ich sofort nachgehe, das
Plätschern der See an den Bordwänden, der Geruch von Ananas vermischt mit
Orangen, die über der Backbordkoje im Obstnetz liegen. Irgendwann schläft man
dann doch ein.