„Es ist wie eine Fahrt über die Pack“,
stellen wir schon nach wenigen Kilometern Fahrt auf der „Höhenstraße“ fest, die
bald nach Yabucoa beginnt und als eine recht kurvenreiche und hügelige
Autostraße nach Ponce führt. Schöne Landstriche, herrliche Ausblicke. Dann erwarten
uns „PONCE“ in großen Buchstaben quer über die Autobahn geschrieben und Pferde,
die frei laufend oder grasend auf den Grünstreifen zwischen den Straßen weiden
im Einfahrtsbereich der zweitgrößten Stadt Puerto Ricos, sozusagen als
„öffentliche Rasenmäher.“
Schnell finden wir das historische
Zentrum, den Plaza Las Delicias, den Platz der Freuden, im Herzen der Altstadt,
wo wir als ersten Blickfang genau vor jenem Gebäude stehen, wo Uschi vor kurzem
noch gemeint hat, „das müssen wir unbedingt sehen:“ Die rot-schwarz-gestreifte
Parque de Bombar, eine Feuerwehrstation, die als das berühmteste Baudenkmal von
Ponce bezeichnet wird. Das Gebäude steht gleich hinter der Kirche Catedral de
Nuestra Señora de Guadalupe, ein spanisch-kreolisches Bauwerk, wo es scheint,
dass das Feuerwehrhaus ein wenig zu nahe daran errichtet wurde.
Man sagt, dass die Kirchenbehörden die
Feuerwache auch versetzen lassen wollten, dies jedoch auf heftigen Protest der
Bevölkerung von Ponce gestoßen ist, weil sie das Feuerwehrhaus ganz einfach
lieb gewonnen haben. So steht es heute noch da und wir vor ihm, besichtigen die
beiden alten Feuerwehrautos in der offenen Halle und etwas später die Kirche,
wo gerade eine Messe gelesen wird. „80 Prozent der Puerto-Ricaner sind
römisch-katholischen Glaubens“, lesen wir im Reiseführer.
Wir spazieren über den Hauptplatz der
lieblichen Stadt, die im Jahre 1662 gegründet wurde und von der im 19.
Jahrhundert die Zucker- und Rumexporte aus in Richtung Europa verschifft
wurden. Aus jener Zeit stammen auch die architektonischen Schönheiten der
Stadt, wo sich viele davon in einem bemerkenswerten Zustand befinden. So wie
die Casa al Caldia, die „City Hall“ oder das Rathaus, das bewacht wird und wo
uns die „Wächterin“ freundlich auffordert, das Gebäude zu betreten.
Im Durchgangsbereich erwarten uns die
Frau Bürgermeisterin und eine Büste von Herrn Ponce de Léon, der ja bekanntlich
gemeinsam mit Kolumbus die Insel im Jahre 1493 entdeckte, sie auch Puerto Rico
benannte, nachdem er auf sie im Jahre 1508 zurückgekehrt ist und nach dem die
Stadt heute benannt ist. Im großen Arkaden-Innenhof sehen wir eine große Krippe
und man spielt „Stille Nacht, Heilige Nacht.“ Schön ist es, die heimatlichen
Klänge des Dorfschullehrers Franz Xaver Gruber und des Hilfspfarrers Joseph
Mohr auch in der Karibik zu hören.
Ponce ist klein und nett, heute am
Christtag fast ausgestorben und so können wir in Ruhe die kleinen Gassen
entlang spazieren und die Kolonialbauten im Zentrum besichtigen, die langsam
übergehen in dörflich-karibische Vorstadtgebäude, klein, lieblich, vergittert
und versperrt wie Großbanken.
„Da geht’s lang“ weist uns eine
Puerto-Ricanerin lachend den Weg, die mit Freunden Domino spielt, an einem
Tisch, den sie ganz einfach auf die Straße gestellt haben. „Fröhliche
Weihnachten“ rufen wir dankend zurück und fahren die Nobelstraße von Ponce
hinauf zum Museo Castillo Serrallés, einer Villa über den Dächern von Ponce,
die früher einmal der Wohnsitz der Familie Serrallés war, den Besitzern der
Rum-Destillerie „Dom Q“.
Eine Villa, schöner als die andere,
reiht sich hier in einer parkähnlichen Landschaft aneinander. Ein anderer
Ortsteil, ein anderes Ponce. Wir fahren zum Yachtclub, dem eine schöne
Strandpromenade vorgelagert ist, wo uns lautstarke Musik entgegendröhnt und wo
sich wieder Menschen versammelt haben.
Pelikane lassen sich willig und
Grimassen schneidend an der Hafenpromenade fotografieren, nutzen die
Gelegenheit, die man ihnen eingerichtet hat, um sie mit Fischen zu füttern.
Herrlich arrogante Vögel, mit einem viel zu großen Kopf, was aber bestimmt
seine natürlichen Gründe haben wird.
Wir sehen die kleine vorgelagerte Insel
Isla de Cardona, die Bojen, die den Weg in die Hafeneifahrt weisen und weiter
draußen die Insel Isla Caja de Muertos, die wir uns auch als einen guten
Ansteuerungspunkt für die Überfahrt notiert haben, weil man im Westen der Insel
sehr gut ankern kann, falls man Ponce in den Tagesstunden nicht erreicht.
„Die See ist recht stark bewegt“,
stellen wir fest, wie wir den Strand entlang spazieren und „Wind hat es auch
genug“, wie wir darüber nachdenken, dass auch Ponce einer der möglichen Ansteuerungshäfen
auf der Überfahrt von Bonaire bis hierher gewesen wäre. Das Kreuzen gegen den
Wind bis Puerto del Rey wäre mühsam gewesen. Wir sind alle froh darüber, dass
unsere Schiffe dort sind, wo sie jetzt sind.
Wir fahren nach Salinas und weiter nach
Playa de Salinas, mit einer Marina und einer wunderschönen, sehr geschützten
Ankerbucht. „Da fährt der Norbert nicht rein“ sagt Uschi, weil in der Seekarte die
Tiefenangaben in der Einfahrt von 15 auf 7 Fuß fallend angegeben sind. Das sind
knappe 2,10 Meter an der flachsten Stelle, was bei unserem Tiefgang von 2,20
Meter doch meist Grundberührung bedeutet. „Da ist doch nur Schlick“ meinen
unsere Freunde, die das Revier gut kennen und hier schon wunderbare Tage
verbracht haben. „Man liegt hier wie in Abrahams Schoss.“
Wir essen im „El Roble“, einem nach
außen hin unscheinbarem Restaurant, das in seinem Inneren den Eindruck eines
„Geheimtipps“ wieder spiegelt. Gepflegt, sauber, freundlich, beste Fische und
Fruchtsäfte werden serviert, das wir alles genießen, bevor wir zurückfahren in
Richtung Puerto del Rey, nicht jedoch, ohne zuvor uns noch einmal vom Flair von
Playa de Salinas verzaubern zu lassen. Bunte Holzbuden mit Meerzugang, enge
Gassen, blühende Sträucher. Menschen vor ihren Hütten, Menschen in den Gassen.
Endlich wieder ein karibisches Dorf.
Am Rückweg sehen wir, dass wir heute
nicht die einzigen waren, die einen sogenannten „Feiertagsausflug“ unternommen
haben. Lange Kolonnen wälzen sich die Hügelketten entlang, zurück in ihre
Städte, Orte und Dörfer oder so wie wir, zu ihren Schiffen. Die immer wieder
und meist recht plötzlich auftretenden Schlaglöcher, die wir karibische
„Frostaufbrüche“ nennen, meistern wir besser als bei den letzten Ausflügen. Man
muss nur den Einheimischen nachfahren, ihr Tempo halten und dann bremsen, wenn
sie es auch tun. Darauf stoßen wir an Bord der Santina an, mit gutem Rum aus Guatemala und mit Bier von der Insel,
wo wir heute wieder ein schönes Fleckchen kennen gelernt haben.
Morgen Früh kommt Quino zur Santina.
Dann sollte das Schiff wieder ein Segelboot sein, das man auch segeln kann. Ich
denke, auch darauf haben wir angestoßen.