Wir sind in den Spanish Virgin Islands,
auf Culebra, in der Ensenada Honda, ankern hinter der Cayo Pirata. Hier starten
wir ins Neue Jahr 2015. Obwohl fast nichts getrunken, hab ich doch ein wenig
Haarwurzelweh und jetzt auch ein wenig Kopfweh, wo in den frühen Neujahrsmorgenstunden
unserer amerikanischer „Hinter-uns-Lieger“ auf Houston-Texas-Amerikanisch mir
erzählen will, dass wir zu nahe an seinem Schiff liegen, er Bedenken wegen
unseres Ankers hat und überhaupt, er und seine Gattin schlecht geschlafen haben.
In meinem besten Hochdeutsch-Englisch
versuche ich, freundlich wie immer, dem Amerikaner klar zu machen, dass unser
Heck rund 40 Meter vor ihm ist, rund 20 Meter von ihm seitlich versetzt, unser
Anker bestens hält und ich zudem die ganze Situation im Auge behalten werde,
was ihn scheinbar nicht sonderlich zufrieden stellt. „Amerikaner halt“, denke
ich, wie Uschi und ich später vom Dinghy aus die Ankersituation beobachten um
gleich darauf beruhigend Kurs Dinghy-Dock zu gehen.
„Rund 2.100 Menschen leben hier auf Culebra“, lesen wir im Hafenhandbuch und dass die Insel früher einmal die Brutstätte für Lederschildkröten war. Heute sollen sie nur noch vereinzelt auf der Insel gesehen werden. Der Ort hat uns gestern schon bei der Ansteuerung von Anblick an gefallen, ebenso wie die tief einschneidende Bucht, die im 16. und 17. Jahrhundert ein uneinnehmbares Piratennest war. „Cayo Pirata“, daher der Name der kleinen Insel.
Wir legen am Dinghy-Dock an, das einem
Restaurant mit karibischem Flair vorgelagert ist, wo alle Segler mit ihren
Dinghys anlegen und auch einkehren. Uschi und ich spazieren über die große
Brücke, die aus allen Fremdenführern lacht, weil sie früher einmal eine
Lift-Brücke war, die für zwei Fischer gebaut wurde und nach oben gehoben werden
konnte, damit diese beiden Fischer von der Ensenada Honda durch einen Kanal zur
anderen Seite der Insel fahren konnten. Schon lange ist sie außer Betrieb.
Dewey ist ein kleines Dorf mit einem
kleinen Platz. Fast nicht zu glauben, dass sich heute Nacht so viele Menschen
hier versammeln haben können. Alles wirkt ein wenig ausgestorben, nur wenige
Menschen warten auf die Fähre nach Puerto Rico. „Bist unrund“ fragt mich Uschi,
wie ich schon nach wenigen Besichtigungsminuten immer mehr „zurück zum Schiff“
tendiere, weil mich die Worte unseres amerikanischen Segelnachbarn ganz einfach
nicht in Ruhe lassen.
So wandern wir tatsächlich bald zurück
zum Dinghy-Dock, wo sich jetzt Segler aus allen Nationen versammelt haben, wo
es gut riecht, wo man bestimmt gut essen kann und wo die Stimmung als
abenteuerlich-lustig zu bezeichnen ist. Alle sind überaus freundlich, manche
sogar amerikanisch-freundlich. Unzählige, recht große Fische schwimmen vor den
Dinghys. „Tarpon“ heißen sie, lesen wir später auf unserer karibischen
Fischidentifizierungskarte nach, und, dass man sie nicht essen soll.
Wir sind auf der Manatee eingeladen. Es gibt Kaffee und ganz ausgezeichneten Kuchen
und die Frage von Helmut: „Warum legst du dich nicht ganz einfach um, wenn dir
das keine Ruhe lässt“, nachdem ich ihm die Heute-Morgen-Neujahrsgeschichte von
unserem amerikanischen Nachbarn erzählt habe, was mich sogar bis zum
Kuchenessen beschäftigt hat. „Das hat Uschi schon während dem Frühstück
gesagt“, denke ich, sag es auch und fahr mit ihr gemeinsam zurück zur Santina. Anker auf, Liegeplatz verlegt,
Anker runter, Anker hält, zurück zur Manatee.
„Jetzt liegen wir noch besser, jetzt
liegen wir traumhaft ruhig“. Es gibt weiteren Kaffee und Kuchen, später den
ersten Sekt und das erste Bier in diesem Jahr. Alles auf der Manatee. Was ein guter Ankerplatz doch
ausmacht.