Samstag, 10. Januar 2015

„ST. THOMAS – CHARLOTTE AMALIE - STARTKLAR“

Helmut hat die ausgezeichnete Gabe, die besten Anker- und Marinaplätze zu finden, die in Einflugschneisen von Flughäfen liegen. Waren wir schon in Isla de Culebra am Ende des Flughafens vor Anker, so liegt auch die Crown Bay Marina nicht unweit des Cyril E. King Airport entfernt, besser gesagt, am Ende der Startbahn. Waren es in Culebra kleine Inselhüpfer, die wir kurz nach dem Start beobachten konnten, so sind es jetzt schon recht große Maschinen, die bereits kurz nach Sonnenaufgang über unsere Mastspitzen ihren meist weit entfernten Zielen entgegenfliegen.


Wieder bringt uns eine Art Taxibus ins Zentrum vom Charlotte Amalie, weil nach dem Hafenhandbuch doch noch einige Sehenswürdigkeiten am Tagesprogramm stehen, die besichtigt werden sollten. „Die Seilbahn St. Thomas Skyride fährt täglich alle neun Minuten vom West Indian Cruise Ship Dock hinauf zum Paradise Point“, steht im Reiseführer vermerkt. Vergessen hat man hinzuzufügen, dass sie dann nicht fährt, wenn kein Cruiser am West Indian Cruise Dock festgemacht hat. Der Taxifahrer hat uns auf diese Tatsache aufmerksam gemacht und zugleich gemeint, es gibt nur ganz wenige Tage, wo kein Cruiser in St. Thomas anlegt.


Heute ist so einer dieser wenigen Tage und demnach ersparen wir uns den Ausflug hinauf ins Paradies, wo es wieder schöne Ausblicke geben soll und besuchen den Obst- und Gemüsemarkt am sogenannten Market Square, am Ende der Main Street. Auch hier hat man das Gefühl, dass nur das angeboten wird, was für wenige Besucher und noch weniger einheimische Bevölkerung angeboten werden muss, denn die Auswahl an frischem Obst und Gemüse kann man durchaus als spärlich bezeichnen.





Dennoch, der Markt hat seine Geschichte, die spürbar ist, denn der Markte Square war der größte Umschlagplatz für Sklavenhandel im westindischen Raum. Obwohl die Dänen als erste Nation schon 1792 den Handel mit Sklaven abschafften, bleibt die Tatsache bestehen, dass sie einst dieses lukrative Geschäft kommerziell ausbauten. Genau hier an diesem Platz in St. Thomas.

Wir spazieren weiter, eine Parallelstraße zur Main Street entlang und sehen, dass hier nicht mehr jener Luxus dargestellt ist, der den Kreuzfahrttouristen und auch uns als ein erster Eindruck von Charlotte Amalie geboten werden soll. Bald erreichen wir den „Emancipation Park“, am Ende des ganzen Einkaufsrummels, wo am 3. Juli 1848 der Gouverneur Peter von Scholten die Sklavenbefreiung proklamierte.

Nicht weit davon entfernt steht die protestantische St. Frederikskirche an der Norre Gade, die wir besichtigen und wiederum in der Nähe vom Park hat man das Fort Christian errichtet, eine imposante Festung mit zinnengekrönten Mauern.




Das großartige Bauwerk gilt als eines der ältesten Bauwerke der europäischen Besiedelung. Neben seiner ersten Funktion als Festung war es später Gouverneurspalast, Gefängnis, Kirche, Kaserne, Gerichtshof, Polizeistation und ist heute ein Museum. Es wird gerade restauriert und ist somit auch nicht für Besichtigungen geöffnet.

Wieder spazieren wir zwischen ehemaligen Lagerhäusern und Magazinen, die heute ohne Kreuzfahrttouristen wie ausgestorben und verlassen wirken, eher einen trostlosen, fast resignierenden Eindruck hinterlassen, trotz allem Funkelwerk, das nach wie vor zur Schau gestellt wird.

In einer kleinen Antiquitätenhalle werden Uschi und ich fündig. Ein wunderschöner Globus mit einer alten, nachgebildeten Darstellung der Kontinente zur Zeit der Entdecker steht hier einsam und verlassen auf einem rostigen Eisengestell in einem Eck, wo er sicher nicht bleiben darf, wie wir schnell feststellen und wo nur der Ansatz von einem Kaufinteresse alle wachrüttelt, weil das Zerlegen ebenso wie das Verpacken doch sehr viel Logistik in Anspruch nimmt, denn „das Ganze muss nach Europa, nach Austria, nach Styria.“ Dort wird er auch bald in einem Wohnzimmer stehen.


Vollbepackt, wie es nach einem „Duty-free-Shopping“ sein muss, finden wir bald wieder den Weg zurück zur Santina, schauen uns die neusten Wetterberichte an, die wieder viel Wind voraussagen und wir dennoch weiter wollen ein wenig in Richtung Osten, nach St. John.

„Seekarten, Hafenhandbuch, Chartplotter, Wegpunkte, Lebensmittel, Getränke, Wassertanks“, alles ist schon fast zur schönen Routine geworden, die auch bald erledigt ist, an Bord der Santina ebenso wie an Bord der Manatee und nach getaner Arbeit wir uns bald wieder treffen im Marina-Restaurant, zum fast schon traditionellen Insel-Auf-Wieder-Sehen-Abschieds-Essen. Wir haben derart viel Spaß an diesem Abend, dass wir uns heute nicht die bald erforderliche Frage stellen wollen: „Wie lange noch?“ Vorerst geht’s einmal gemeinsam nach St. John.