Noch am frühen Morgen verfolgen wir noch einmal die Reiseroute der Singelgracht, die wie ein offenes Buch am iPhone-App „Marine
Traffic“ ablesbar ist. „Man weiß immer und überall wo man ist“ stellen wir fast
ein wenig besorgniserregend fest, meinen aber auch, dass die AIS-Einrichtung
fast besser als das Radar ist, weil man die Schiffe auch nach dem Namen rufen
kann, wenn sie einem auf offener See gefährlich nahe kommen. „Wir haben nichts
zu verbergen.“
Uschi und ich spazieren die Avenida Gabriel Roca entlang, an der
sich eine Marina an die andere reiht. Vom kleinen Fischerboot bis hin zu den
Luxusyachten liegt alles hier an den unzähligen Stegen und Moorings friedlich
vereint. Wir frühstücken in einem Straßencafé an der Promenade, warten auf Toni
Horrach, der uns pünktlich mit seinem Auto abholt und wir gemeinsam
weiterfahren in das Zollgelände, wo das große Wechselspiel des Be- und
Entladens der großen Frachter seinen Lauf nimmt.
Alles wird problemlos durchfahren, die Customs, die Immigration,
der Hafenkapitän, es gibt keine Kontrollen nur ein freundliches Winken zu Toni.
Dann sehen wir sie wieder, die Singelgracht,
die wir scheinbar erst vor wenigen Tagen auf St. Thomas das letzte Mal gesehen
haben. Problemlos ist sie über den Nordatlantik gepflügt, Gibraltar angelaufen,
jetzt Palma und schon bald wird sie wieder ihre nächsten Hafenstädte anlaufen.
Entladen, verladen.
Uschi und ich bekommen Helme und orange „Visitor-Westen“. Wir
tragen uns in das Besucherbuch des Frachters ein, gehen an Bord und beobachten
das erste Entladen eines Katamarans. Dann sehen wir die Santina, unsere Santina,
die gut angekommen ist. Hinter ihr steht ein weiteres österreichisches Schiff
auf der riesigen Ladefläche der Singelgracht mit einem Pärchen an Bord. Die
beiden waren auch in der Karibik. „Ein paar Monate waren genug“ rufen sie zu
uns herüber, wie Uschi und ich bereits an Bord waren, um das Schiff für die
Entladung klar zu machen. „Es hat uns da drüben nicht gefallen“, meinen sie.
Wir fragen nicht weiter, lösen das Achterstag und die Dirk, bringen Fender aus.
Wieder steigt die Spannung bis sich endlich der große Kran über die Santina neigt, die von ihren Leinen und
Blöcken befreit wird und bald spektakulär über der Ladeplattform und dem
Hafenbecken schwebt.
Dann dürfen wir wieder an Bord unseres Schiffes, was einer Überwindung gleichkommt. Höhenängste gepaart mit der Sorge, zwischen den Schiffen entlang der Bordwand ins Wasser zu fallen. Alles gelingt mit vereinten Kräften, dann gleiten wir der orangen Bordwand entlang in Richtung Hafenbecken, berühren bald Mittelmeerwasser. Leinen lösen sich, der Motor springt nicht an, dann endlich doch und langsam entfernen wir uns von diesem scheinbar unendlich großen Frachter, der immer kleiner wird und bald schon Geschichte ist.
Dann dürfen wir wieder an Bord unseres Schiffes, was einer Überwindung gleichkommt. Höhenängste gepaart mit der Sorge, zwischen den Schiffen entlang der Bordwand ins Wasser zu fallen. Alles gelingt mit vereinten Kräften, dann gleiten wir der orangen Bordwand entlang in Richtung Hafenbecken, berühren bald Mittelmeerwasser. Leinen lösen sich, der Motor springt nicht an, dann endlich doch und langsam entfernen wir uns von diesem scheinbar unendlich großen Frachter, der immer kleiner wird und bald schon Geschichte ist.
Noch im Hafenbecken werden Achterstag und Dirk angeschlagen.
„Spät aber doch“, meint Uschi. Es ist windstill wie wir unseren neuen
Liegeplatz anlaufen, begleitet von den Marina-Jungs, die uns bald die Moorings
bereithalten. Alles klappt perfekt. Jetzt sind wir in Palma angekommen, in jener Marina, die wir am 15.
August 2007 um 19.45 das erste Mal angelaufen sind, am Weg von Kroatien in
Richtung Karibik! Uschi und ich haben noch die Bilder vor uns, die sich damals
vor uns aufgetan haben.
Wir melden uns im Marinabüro an, fragen zum ersten Mal nach
einem Winterliegeplatz in dieser Stadt und bekommen ihn zu unserer großen
Freude und Überraschung bereits ab September. Wie überall auf der Welt führt ein
erster Weg in einem neuen Hafen meistens zu einem Yachtausrüster. Uschi und ich
besuchen den perfekt sortierten Marinashop, finden eine Kühlbox für unser
Mojito-Eis und ein intaktes Stromverlängerungskabel. An Bord der Santina bauen wir unsere Stromanschlüsse
auf „Europa“ um, waschen Wäsche, reinigen das Schiff das erste Mal. Im Gedanken
sind wir immer noch nicht ganz angekommen.
Später besuchen wir Palma, essen Tapas, trinken Caipiriña, hören
Live-Musik im Yachtclub. Es ist schon nach Mitternacht. Die lang andauernde
Helligkeit täuscht unser immer noch karibisch-denkendes Zeitgefühl. Von San
Juan nach Palma. Von einer ehemals spanischen Kolonie nach Spanien, von einer
schönen Stadt in die andere. Gesund und glücklich angekommen. Das sind die
guten Seiten des hier und da.